Vingegaard über wachsende Sturzgefahr im Peloton: „Wir fahren immer schneller“

Radsport
Dienstag, 02 Dezember 2025 um 19:00
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Jonas Vingegaard startet mit einem deutlich geschärften Risikobewusstsein in die Saison 2026 – größer als jemals zuvor in seiner Karriere.
Im Gespräch mit Marca sprach der Däne über die Zeit nach seinem schweren Sturz 2024 im Baskenland, über die stetig steigenden Geschwindigkeiten im Peloton und darüber, warum das Thema Sicherheit für ihn heute eine zentrale Rolle spielt.
Offen räumte Vingegaard ein, dass der Crash seine Sicht auf den Sport nachhaltig verändert habe: „Ich würde nicht von Angst sprechen, aber definitiv von mehr Vorsicht als früher. Früher war ich vielleicht unbewusster. Ich dachte, ich wüsste, wie man bremst, wie man das Rad kontrolliert – dass mir nichts passieren würde. Aber Dinge passieren. Der Radsport ist gefährlich, wir fahren immer schneller. Und wir sehen mehr Risikobereitschaft.“
Diese Erfahrung habe auch seine Herangehensweise im Rennen verändert: „Nach dem Sturz mache ich mir viel mehr Gedanken über die Sicherheit. Früher war ich unbewusst – ich glaubte, mir könne nichts passieren.“

Druck, Überlastung und der Weg zurück zur Topform

Trotz der anhaltenden Nachwirkungen seines Sturzes vor eineinhalb Jahren glaubt Vingegaard, körperlich wieder das Niveau von davor erreicht zu haben. „Vor meinem Sturz befand ich mich auf einer sehr steilen Aufwärtskurve. Seitdem haben wir daran gearbeitet, auf dieses Niveau zurückzukehren – und ich denke, das ist uns gelungen. Jetzt hoffe ich, wieder an diese Entwicklung anknüpfen und mich weiter verbessern zu können.“
Darüber hinaus sprach der Däne offen über die mentale Belastung im modernen Radsport und begründete, warum die Anforderungen heute höher seien als je zuvor: „Angesichts dessen, was heute im Radsport passiert, glaube ich nicht, dass wir noch lange Karrieren sehen werden wie früher. Es gibt enormen Druck, unzählige Daten, ständig mehreren Trainer. Das ist extrem fordernd. Deshalb wäre es gut, der mentalen Seite mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Nicht jeder Tag muss perfekt sein. Manchmal ist es auch in Ordnung, ein Bier oder ein Glas Wein zu trinken, Zeit mit Freunden zu verbringen – das gehört zum Leben dazu.“
Trotz dieses gestiegenen Drucks bleibt die Tour de France sein klares Ziel: „Die Tour de France ist so groß, dass man sie ins Visier nimmt, sobald sich auch nur die kleinste Chance bietet.“

Giro-Gerüchte, Vuelta-Pläne und langfristige Ziele

Zu den Spekulationen über einen möglichen Start beim Giro d’Italia 2026 blieb Vingegaard bewusst vage: „Dazu kann ich im Moment nichts sagen. Wir haben noch nicht entschieden, was wir nächstes Jahr machen.“ Zugleich bekräftigte er seine Vorliebe für das Tour–Vuelta-Doppel, das für ihn stets ein gut funktionierender Rhythmus gewesen sei.
Auf die Frage, welches einzelne Rennen er vor dem Ende seiner Karriere am liebsten noch gewinnen würde, antwortete der Däne ohne Zögern: „Ich glaube, ich würde den Giro d’Italia bevorzugen.“
Mit einem Blick weiter in die Zukunft verschieben sich seine Prioritäten jedoch klar: „Zuerst Zeit mit meiner Familie und meinen Kindern zu verbringen. Das fehlt mir im Moment sehr – das wird meine Priorität sein.“
Seine kurzfristigen Ambitionen formulierte er bewusst schlicht: „Ich wäre sehr glücklich, wenn ich einmal eine Saison ohne Unterbrechungen fahren könnte.“

Weiter groß träumen – aber mit klarerem Blick

Trotz der Risiken, die er heute offener anerkennt, bleibt Vingegaard von derselben langfristigen Ambition getrieben: eines Tages alle drei Grand Tours zu gewinnen. Auf die immer wiederkehrende Frage, wie man Tadej Pogačar schlägt, blieb er dabei seiner nüchternen Haltung treu: „Der stärkste Mann gewinnt die Tour.“
Eine Erinnerung daran, dass Vingegaard trotz geschärften Gefahrenbewusstseins und der Narben eines schweren Sturzes bodenständig bleibt – ambitioniert, fokussiert und sich der Realität eines Sports bewusst, der jedes Jahr schneller und riskanter wird.
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