VIDEO | Lance Armstrong zeigt seine in Ungnade gefallene Sammlung an gelben Trikots

Radsport
durch Nic Gayer
Donnerstag, 29 Mai 2025 um 12:00
<br>
Lance Armstrong ist aus den offiziellen Tour-de-France-Rekordlisten verschwunden. Doch in der Welt des Radsports ist er nie wirklich weg gewesen. Mehr als zehn Jahre nach dem tiefen Fall infolge des wohl berüchtigtsten Dopingskandals der Sportgeschichte sorgt der Texaner erneut für Aufsehen – nicht mit einem sportlichen Comeback, sondern mit einem Werbespot für alkoholfreies Bier.
In dem Spot des US-amerikanischen Herstellers Athletic Brewing steht Armstrong in einem schlichten Raum. An der Wand: sieben gelbe Trikots. „Die Farbe Gelb hat etwas für sich“, sagt er, während die Kamera langsam an den Symbolen seines einstigen Triumphs vorbeigleitet. Trikots, die nicht mehr auf den Champs-Élysées geehrt werden, sondern heute in Armstrongs Privaträumen hängen. Dann hebt der 53-Jährige eine Flasche mit gelbem Etikett an die Lippen – ein klares, bewusst gesetztes Bild.
Die gelbe Farbe, einst Inbegriff seines sportlichen Höhepunkts, prägt Armstrongs Identität bis heute. 83 Tage lang trug er das Maillot Jaune bei sieben Rundfahrten – Rekorde, die offiziell nicht mehr existieren, inoffiziell jedoch tief im Gedächtnis des Sports verankert bleiben.
Der Spot hat eine neue Debatte angestoßen. Fordert Armstrong sein Vermächtnis zurück? Oder provoziert er bewusst – wie so oft? Der Ex-Profi hat sich nie vor Kontroversen gedrückt. Auch jetzt stellt er sich der Diskussion um seine Rolle in der Geschichte des Radsports – direkt, wortlos, aber unübersehbar.
Armstrong bleibt die wohl umstrittenste Figur, die der Sport je hervorgebracht hat: ein Krebspatient, der zum Helden wurde – und zum Symbol des Betrugs. Kaum jemand ist so tief gestürzt nach so rasantem Aufstieg. 2012 deckte die US-Anti-Doping-Agentur das volle Ausmaß des Dopingnetzwerks auf, das Armstrong mit dem US Postal Service-Team aufgebaut hatte. Sie nannte es „das ausgeklügeltste, professionellste und erfolgreichste Dopingprogramm, das der Sport je gesehen hat“. Die Konsequenzen: Sponsoren zogen sich zurück, Titel wurden aberkannt, sein Ruf zerstört.
Und trotzdem: Armstrong ist nie verstummt. Er betreibt Podcasts zur Tour de France, analysiert Rennen – und steht nun erneut im Rampenlicht. Sein Spot bewegt sich geschickt zwischen Selbstinszenierung und Selbstbehauptung, zwischen Nostalgie und Provokation.
Es geht in diesem Video nicht nur um ein Bier. Es geht um Besitzanspruch – auf Erinnerungen, auf Geschichte. Die Trikots mögen aus den Archiven gestrichen sein, aber sie hängen immer noch an Armstrongs Wand. Und sie werfen Fragen auf: Lässt sich Geschichte ausradieren? Oder bleibt das Bild vom Mann in Gelb unweigerlich Teil des kollektiven Gedächtnisses?
Antworten liefert der Spot keine. Er zeigt einfach einen Mann, der für sich selbst beschlossen hat, dass Gelb noch immer Bedeutung hat. Während der Radsport versucht, seine Vergangenheit aufzuarbeiten und sich neu zu definieren, bleibt Armstrongs Erbe für viele ein Mahnmal – oder ein Zeichen von Widerstandskraft. Je nachdem, wen man fragt.
Klatscht 0Besucher 0