„Sie schreien ihn an, fassen ihn an – das ist zu viel“: Tadej Pogacars Mutter sorgt sich um das Wohl ihres Sohnes

Radsport
Mittwoch, 15 Oktober 2025 um 16:00
pogacar
Der vierte Tour-de-France-Sieg von Tadej Pogacar im Jahr 2025 festigte seinen Platz unter den größten Fahrern der Moderne. Doch hinter Zahlen, Rekorden und einem unerschütterlichen Lächeln verbirgt sich eine andere Realität – eine, die von Erschöpfung, Druck und emotionaler Belastung geprägt ist.
Diese menschliche Seite kam nun aus einer unerwarteten Quelle ans Licht: In einem seltenen Interview mit Le Parisien sprach Marjeta Pogacar, die Mutter des Superstars, offen über die Schattenseiten des Ruhms ihres Sohnes. Sie beschrieb einen Champion, der „wirklich erschöpft“ sei – körperlich wie geistig.
„Es ist kein Burnout, aber ja – übermüdet“, sagte sie. „Dieses Jahr habe ich gesehen, dass er wirklich müde war. Und ich dachte: Jetzt verstehe ich, wenn er sich irgendwann entscheidet, mit dem Radfahren aufzuhören.“

Zwischen Ruhm und Realität

Pogacar steht noch bis 2030 beim UAE Team Emirates unter Vertrag und hat klare Ziele – allen voran die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles. Doch die Worte seiner Mutter zeigen, dass selbst der dominierende Fahrer seiner Generation nicht unverwundbar ist.
Nur wenige Tage zuvor hatte Pogacar selbst im Tour 202-Podcast offen zugegeben, dass die Tour 2025 die härteste seiner Karriere war. „Mein Körper war im Schockzustand“, sagte er. „Ich habe mich nicht gut gefühlt. Ein dreiwöchiges Rennen ist nie einfach – wir sind schon nach der ersten Woche müde, und dann liegen noch zwei weitere vor uns.“
Für Zuschauer wirkte Pogacar unerschütterlich: Er gewann 20 Rennen in einer Saison und trug erneut das Gelbe Trikot bis nach Paris. Doch wer genauer hinsah, bemerkte Veränderungen. Interviews wurden kürzer, die Mimik ernster, die Leichtigkeit war verschwunden.

Leben im Fischglas

Marjeta Pogacar sprach auch über die Schattenseite des Ruhms – den Verlust von Privatsphäre und Normalität. „Die Leute kleben ihm Aufkleber auf den Rücken, schreien ihn an, berühren ihn… Manchmal ist es einfach zu viel“, sagte sie. „Er hat keine Zeit mehr für Autogramme, und viele verstehen das nicht.“
Diese ständige öffentliche Präsenz – auf Social Media, an der Strecke, im Alltag – ist längst zu einem Begleitphänomen des modernen Spitzensports geworden. Die Helden des Pelotons leben heute unter permanenter Beobachtung. Was früher Bewunderung war, wird schnell zu Überforderung.

Der Preis des Erfolgs

Seit seinem WorldTour-Debüt 2019 hat Pogacar eine Karriere hingelegt, die fast beispiellos ist: vier Tours de France, mehrere Monumente, zwei Weltmeistertitel. Doch gerade die Konstanz seiner Dominanz macht sie so schwer aufrechtzuerhalten.
„Ich beginne zu begreifen, dass ich das nicht ewig machen kann“, sagte Pogacar im Sommer. „War das meine letzte Tour? Man kann nie wissen. Eine Sportlerkarriere ist kurz.“
Es sind keine Abschiedsworte, sondern Anzeichen einer neuen Selbstreflexion – eines Fahrers, der seine Grenzen erkennt und neu auslotet.

Alles zusammenhalten

Trotz der Belastung bleibt Pogacar bemerkenswert gefasst. Seine Freude am Radfahren ist ungebrochen, seine Vielseitigkeit einzigartig: Siege bei Strade Bianche, Lüttich–Bastogne–Lüttich, dazu die Tour – kaum ein Fahrer kann so viele Disziplinen auf höchstem Niveau verbinden.
Einen wichtigen Anker bildet sein privates Umfeld. „Urska ist auch dabei, sodass es sich oft wie Zuhause anfühlt“, sagte er über seine Partnerin und Teamkollegin Urska Zigart. „Der Zeitplan ist anspruchsvoll, aber wir haben herausgefunden, wie wir es schaffen können.“
Doch selbst das stärkste Unterstützungssystem kann einen Athleten nicht völlig vor mentaler Erschöpfung schützen. Wenn die eigene Mutter sagt: „Manchmal ist es einfach zu viel“, dann ist das kein Warnruf – sondern eine Bitte um Verständnis.

Eine leise Erinnerung

Die Worte von Marjeta Pogacar sind kein Skandal, sondern eine sanfte Mahnung. Eine Erinnerung daran, dass selbst die größten Champions Menschen mit Grenzen sind.
Tadej Pogacar bleibt das lächelnde Gesicht einer Generation – aber hinter dem Gelb, den Regenbogenstreifen und den Wattrekorden steht ein junger Mann, der lernt, mit dem Gewicht seines Erfolgs zu leben.
Denn selbst für den Besten der Welt gilt: Größe misst sich nicht nur an Siegen – sondern auch an der Fähigkeit, menschlich zu bleiben.
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