„Pogacar war wirklich nicht an seiner Grenze“ - Hat Tadej Pogacar mit der Konkurrenz in Ruanda gespielt?

Radsport
Dienstag, 30 September 2025 um 19:00
Tadej Pogacar
Tadej Pogacar hat in Kigali seinen zweiten Weltmeistertitel in Folge gewonnen – und das auf eine Art und Weise, die Diskussionen über seine Dominanz und seine Rennintelligenz entfacht. Der Slowene siegte mit mehr als einer Minute Vorsprung auf Remco Evenepoel, doch die entscheidende Attacke fiel bereits nach rund 100 Kilometern. Von da an kontrollierte Pogacar das Geschehen allein an der Spitze und ließ nie den Eindruck entstehen, dass er seinen Vorsprung noch ernsthaft verlieren könnte.

Jan Hermsen: „Pogacar spielt mit den Gegnern“

Im Podcast Kop over Kop vertrat Radsportkommentator Jan Hermsen die Meinung, dass Pogacar sein Rennen nicht am Limit bestreiten musste. Vielmehr habe er bewusst mit den Gefühlen seiner Gegner gespielt: „Er lässt sie glauben, dass sie ihn noch einholen können, und sobald sie näherkommen, beschleunigt er wieder.“ Für Hermsen zeigt sich das vor allem in den Rundenzeiten auf dem Rundkurs in Kigali, die Pogacar gegen Ende sogar steigern konnte. Dies habe insbesondere Remco Evenepoel mental zermürbt, obwohl dieser als Zeitfahrspezialist eigentlich bestens auf solch gleichmäßige Belastungen eingestellt ist.

Bobbie Traksel: „Pogacar fährt wie Vingegaard“

Eine andere Perspektive brachte Bobbie Traksel ein. Für ihn war Pogacars Sieg vor allem eine Demonstration reiner Stärke, kombiniert mit der Erfahrung der letzten Jahre. „Früher hätte er einfach alles auf eine Karte gesetzt. Heute weiß er, dass er, sobald er einen Vorsprung hat, gleichmäßig mit seiner Wattzahl fahren muss – so wie es Vingegaard bei der Tour macht“, erklärte Traksel. Pogacar habe nicht nur die Beine, sondern auch die Ruhe und Abgeklärtheit gefunden, um seine Gegner effizient auf Distanz zu halten.

Jeroen Vanbelleghem: „Zwanzig Kilometer auf Reserve“

Noch deutlicher äußerte sich Jeroen Vanbelleghem, der den Eindruck gewann, Pogacar habe das Rennen zeitweise mit angezogener Handbremse gefahren. „Wir wissen, dass Isaac Del Toro ein fantastischer Fahrer ist. Und dann siehst du Pogacar, wie er fast auf ihn wartet und ihn mitnimmt – als wäre es eine Wohltätigkeit.“ Für Vanbelleghem war dies ein weiteres Indiz dafür, dass Pogacar im entscheidenden Moment gar nicht am Anschlag fuhr. „Er ist so viel stärker als der Rest des Feldes, dass er die letzten zwanzig Kilometer quasi auf Reserve absolvierte.“

Ein Sieg mit Signalwirkung

Ob taktisches Kalkül, überragende Beine oder eine Mischung aus beidem – Pogacars Sieg in Kigali wirkte in jedem Fall wie eine Demonstration der Stärke. Dass er fast 70 Kilometer alleine fuhr und Evenepoel trotz Unterstützung nie wirklich näherkam, zeigt den Abstand, den Pogacar derzeit zur Konkurrenz hat. Für die einen ist er der Meisterstratege, der seine Gegner psychologisch zermürbt, für die anderen schlicht der physisch stärkste Fahrer seiner Generation.
Fest steht: Mit diesem zweiten WM-Titel in Serie hat Pogacar nicht nur Geschichte geschrieben, sondern auch die Diskussion neu entfacht, ob jemand im aktuellen Peloton überhaupt die Mittel hat, ihn bei großen Meisterschaften ernsthaft zu bezwingen.
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