Paul Seixas auf Erfolgskurs – doch Decathlon setzt auf Geduld statt Risiko

Radsport
Mittwoch, 12 November 2025 um 7:00
Paul Seixas
Paul Seixas rückt in den Mittelpunkt des französischen Radsports. Der 19-jährige Kletterer, der in diesem Jahr seine erste WorldTour-Saison mit Decathlon AG2R La Mondiale bestritt, hat in kürzester Zeit bewiesen, dass er zu den spannendsten Nachwuchstalenten seiner Generation gehört. Und wie so oft bei außergewöhnlichen Talenten wächst die Erwartung: Die Fans wollen ihn so bald wie möglich auf der größten Bühne des Sports sehen – bei der Tour de France.
Nach einem überragenden zweiten Juniorenjahr war Seixas bereits als großes Versprechen bekannt, doch seine erste Profisaison übertraf selbst die kühnsten Prognosen. Nach einem verhaltenen Saisonstart meldete er sich eindrucksvoll zurück: Beim Critérium du Dauphiné fuhr er auf den achten Gesamtrang und zeigte, dass er mit den besten Kletterern des Pelotons mithalten kann.
Sein Durchbruch folgte wenig später, als er die Tour de l’Avenir gewann – das prestigeträchtigste Nachwuchsrennen der Welt. Anschließend startete er bei den Weltmeisterschaften in Ruanda erstmals in der Elitekategorie und belegte dort als jüngster Teilnehmer einen beachtlichen 13. Platz.
Der Saisonabschluss machte endgültig klar, dass Seixas zu den kommenden Stars des Sports gehört: Nur eine Woche nach der WM wurde er Dritter bei den Europameisterschaften in der Ardèche, geschlagen lediglich von Tadej Pogacar und Remco Evenepoel. Mit einem siebten Platz bei Il Lombardia, dem letzten Monument des Jahres, rundete er eine Saison ab, die sein außergewöhnliches Klettertalent eindrucksvoll bestätigte.

Tour ist nur eine Frage der Zeit

Für Frankreich wird die mittlerweile vier Jahrzehnte andauernde Durststrecke bei der Tour de France zunehmend zur nationalen Geduldsprobe. Seit Bernard Hinault 1985 den letzten französischen Gesamtsieg feierte, hat kein Nachfolger das Gelbe Trikot nach Paris getragen. Und auch wenn Paul Seixas noch einige Entwicklungsschritte braucht, um sich mit Größen wie Tadej Pogacar, Jonas Vingegaard oder Remco Evenepoel zu messen, ist das Fundament eines künftigen Topfahrers unübersehbar. Es scheint nur eine Frage der Zeit, bis der junge Franzose sein Debüt bei der Grande Boucle gibt.
„Ohne um den heißen Brei herumzureden: Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagte Jean-Baptiste Quiclet, Leistungsdirektor von Decathlon AG2R La Mondiale, im Gespräch mit Vélo Magazine. „Er könnte eine Saison ohne Grand Tour bestreiten – oder er fährt den Giro, die Tour oder die Vuelta. Wir werden den Weg wählen, der seiner Entwicklung am besten dient.“
Im Alter von 19 Jahren stand Paul Seixas (rechts) bereits neben den Größten des Sports
Im Alter von 19 Jahren stand Paul Seixas (rechts) bereits neben den Größten des Sports
„Der Zeitpunkt spielt eine große Rolle“, erklärte Quiclet. „Wenn wir ihm vor einer Grand Tour noch mehr Erfahrung bei einwöchigen Rennen ermöglichen können, wäre das vielleicht der klügere Weg.“ – Worte, die zeigen, dass bei Decathlon AG2R La Mondiale Entwicklung vor Eile geht.

So viele Möglichkeiten

Nicht nur bei den Grand Tours könnte Paul Seixas bald für Furore sorgen. Wie seine Auftritte in Kigali und in der Ardèche gezeigt haben, verfügt der 19-Jährige auch über das Profil, um in großen Eintagesrennen um den Sieg zu kämpfen. Klassiker wie Il Lombardia könnten daher schon bald in seinen Aktionsradius rücken. Bei Decathlon AG2R La Mondiale wird derzeit sorgfältig abgewogen, wie sich seine Entwicklung zwischen Eintagesrennen, Rundfahrten und Meisterschaften optimal gestalten lässt.
„Mehrere Projekte überschneiden sich – Eintagesrennen, Monumente, große Meisterschaften und Grand Tours“, erklärt Leistungsdirektor Jean-Baptiste Quiclet. „Entscheidend ist, dass Paul gemeinsam mit uns den richtigen Schwerpunkt findet. Wir werden uns flexibel anpassen, je nachdem, was die Saison bringt. Vor allem wollen wir den positiven Schwung nicht bremsen, denn mit jedem Monat sehen wir einen neuen, gereifteren Paul.“
Frankreich darf jedenfalls optimistisch in die Zukunft blicken. Neben Seixas gilt auch Lenny Martinez von Bahrain Victorious als große Rundfahrt-Hoffnung. Doch während der 22-Jährige bei seinen bisherigen Grand-Tour-Starts noch Lehrgeld zahlte, scheint bei Seixas die Messlatte bereits höher zu liegen – denn für ihn geht es längst nicht mehr darum, einfach nur mitzufahren.
„Es gibt zwei verschiedene Ansätze“, erklärt Quiclet weiter. „Lenny hat sich zum Ziel gesetzt, innerhalb von drei Jahren eine Grand Tour zu gewinnen, und durfte bei der Tour in einer freien Rolle fahren. Aber es ist ein langer Weg, die Fähigkeiten zu entwickeln, um tatsächlich eine Grand Tour anzuführen. Das erfordert Beständigkeit, tägliche Konzentration und Selbstaufopferung – Dinge, die man erst über mehrere Jahre aufbaut.“
Eines ist für Quiclet klar: Druck wird sich nicht vermeiden lassen. „Was auch immer Paul tut – alle Augen werden auf ihn gerichtet sein“, sagt er. „Wir können ihn nicht völlig vor der Erwartungshaltung schützen, selbst wenn er in einer freien Rolle startet. Entscheidend ist, dass er selbst erkennt, was für seinen Weg Richtung Gesamtwertung am wichtigsten ist.“
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