Nach zehn Etappen der
Tour de France 2025 und dem ersten Ruhetag wird deutlich, wie unterschiedlich die Top-Teams in den Bergen aufgestellt sind. Während
Tadej Pogacar dank eines dominanten Zeitfahrens einen Vorsprung von 1:17 Minuten auf
Jonas Vingegaard hält, offenbart sein UAE TeamEmirates – XRG eine Schwäche, die sich zuspitzen könnte: die fehlende Tiefe im Hochgebirge.
Der Ausfall von
Joao Almeida hat das Problem offengelegt. Adam Yates bleibt der verlässlichste Helfer, Marc Soler schlägt sich wacker – doch dahinter wird es dünn. Pavel Sivakov kämpft mit der Form, Tim Wellens ist kein reiner Bergfahrer, und das Fehlen von
Isaac Del Toro wirkt wie eine verpasste Chance.
Der vergessene Trumpf aus Mexiko
Del Toro, einer der großen Aufsteiger der Saison, glänzte bereits beim Giro d’Italia. Eigentlich als Helfer eingeplant, kämpfte er sich in den Kreis der Favoriten und war dem Gesamtsieg näher, als es das Endergebnis zeigt. Nur ein taktischer Fehler auf der Colle delle Finestre verhinderte das Rosa Trikot.
Seitdem hat er seine Form nicht nur gehalten, sondern sogar gesteigert. Bei der
Österreich-Rundfahrt dominierte Del Toro nach Belieben, gewann drei Etappen und die Gesamtwertung – ein klarer Beleg seiner Fitness. Anders als Almeida ist er gesund, nicht gestürzt und mental voll da.
Warum wurde Del Toro zu Hause gelassen?
Die Entscheidung, Del Toro „schützen“ zu wollen, wirkt fragwürdig – besonders im Licht der Tatsache, dass auch Adam und Simon Yates den Giro bestritten haben und jetzt in Frankreich tragende Rollen spielen. Simon Yates gewann nicht nur den Giro, sondern auch die 10. Etappe der Tour – eine schwere Bergetappe. Er ist der wichtigste Baustein im Unterstützungsapparat für Vingegaard.
Bei UAE hingegen ruhen alle Hoffnungen auf einem einzigen Helfer – Adam Yates – und einem müden Marc Soler. Eine Konstellation, die im Kampf gegen das Visma-Kollektiv zunehmend instabil wirkt. Mit Sepp Kuss, Matteo Jorgenson und eben Simon Yates steht Vingegaard eine geballte Bergfraktion zur Verfügung, die in den Alpen entscheidend sein kann.
Kein Platz für langfristige Projekte
Natürlich setzt UAE langfristig auf Del Toro. Ihn langsam an das größte Rennen der Welt heranzuführen, erscheint vernünftig – man denke nur an Remco Evenepoel, der erst 2024 sein Tour-Debüt gab. Doch diese Tour ist kein Entwicklungsevent. Sie ist ein Schlagabtausch zwischen zwei nahezu perfekt aufgestellten Superteams – und UAE hat eine seiner stärksten Karten nicht ausgespielt.
Im Vorjahr hatte Pogacar neben Adam Yates noch Almeida und Ayuso an seiner Seite. Trotz Ayusos Aufgabe blieben zwei Fahrer, die in Paris in den Top 6 der Gesamtwertung landeten. In diesem Jahr fehlt vergleichbare Tiefe – und Visma ist stärker denn je.
Noch ist Pogacar der stärkste Mann im Rennen. Doch wenn die Pyrenäen kommen und UAE in der Offensive sein muss, könnte das Fehlen von Del Toro zum Bumerang werden. Wenn Pogacar plötzlich allein gegen ein Dreigestirn aus Yates, Kuss und Jorgenson fährt, wird klar, dass das Handicap nicht auf der Straße begann – sondern bei der Teamauswahl.