Luxus oder Last? UAE-Team spaltet sich im Kampf um Rosa

Radsport
Montag, 19 Mai 2025 um 16:30
juanayuso
Die 9. Etappe des Giro d’Italia 2025 markierte einen Wendepunkt – vor allem für UAE Team Emirates – XRG. Die Mannschaft dominierte das Renngeschehen, distanzierte Primož Roglič deutlich und platzierte gleich vier Fahrer vor dem Slowenen im Gesamtklassement. Was nach Dominanz aussieht, entpuppt sich jedoch als komplexes internes Machtgefüge. Denn laut Thijs Zonneveld brodelt es hinter den Kulissen – zu viele Fahrer, zu viele Ambitionen.
„Auch McNulty wird noch Zwölfter. Er war gestürzt, fuhr aber offenbar mit Reserven. Sonst landet man nicht auf Platz zwölf“, analysiert Zonneveld im De Waaier-Podcast. „Das Gleiche gilt für Adam Yates, der Zehnter wurde. Beide hätten klar für Ayuso oder Del Toro fahren können – haben es aber nicht.“
UAE verfügt aktuell über das mit Abstand finanzstärkste Team im Peloton. Mit Tadej Pogačar als Zugpferd dominiert der Rennstall die größten Rennen – Klassiker, Grand Tours, Weltmeisterschaft. Dass in Abwesenheit von Pogačar beim Giro andere in den Vordergrund treten, ist Teil der Strategie. Doch statt klarer Hierarchien entwickelt sich ein offener Machtkampf.
Juan Ayuso galt nach einem starken Frühjahr als designierter Kapitän. Doch Isaac del Toro nutzte seine Chance in der ersten Woche eindrucksvoll. Nun steht er vor Ayuso – und neben Adam Yates, Brandon McNulty und sogar Jay Vine sind gleich mehrere Fahrer in Schlagdistanz. Noch hat keiner seine Ambitionen zugunsten eines Teamkollegen geopfert.
„Dann beginnen plötzlich alle, die sonst für Pogačar arbeiten, zu realisieren: Das ist meine Chance“, erklärt Zonneveld. In Vertragsverhandlungen sei sogar festgelegt worden, dass Ayuso jährlich eine Grand Tour ohne Pogačar bestreiten dürfe – als alleiniger Leader. Doch Ayuso wirkte am Sonntag verwundbar. Am letzten Anstieg verlor er Sekunden auf Carapaz und Tiberi – trotz starkem Kampfgeist und zwei Stichen am Knie nach einem Sturz.
McNulty dürfte in der Gesamtwertung nicht lange vorne bleiben, und Yates hat sich wiederholt als Teamplayer gezeigt. Doch Del Toro wirft Fragen auf. „Auf der Etappe, die Ayuso gewann, hätte auch Del Toro gewinnen können“, so Zonneveld. „Jeder hat das Gefühl, dass er hier etwas holen kann.“
Auch Vine und McNulty betonten zuletzt, man könne nicht mit sieben GC-Fahrern eine Grand Tour bestreiten. Die Teamleitung versuche, allen Fahrern das Gefühl zu geben, eigene Ziele verfolgen zu dürfen. Das Beispiel Igor Arrieta, der auf der 8. Etappe auf Etappensieg fahren durfte, unterstreicht diesen Ansatz.
Zonneveld zieht ein klares Fazit: Hätten McNulty und Yates am Sonntag kompromisslos für Ayuso gearbeitet, „dann wäre Roglič heute aus der Wertung gewesen. Stattdessen verliert er nur eine Minute auf Ayuso und zwei auf Del Toro.“ Und das, obwohl der Slowene stürzte, einen Reifenschaden hatte und mit nur einem Helfer, Pellizzari, auf sich allein gestellt war.
UAE befindet sich in einer luxuriösen, aber fragilen Position. Der Giro-Sieg ist greifbar – doch nur, wenn das Team eine klare Linie findet.
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