„In Europa gibt es keine Straßen wie in Kansas“ – Thijs Zonneveld verteidigt europische Schotter-WM gegen US-Kritik

Radsport
Dienstag, 14 Oktober 2025 um 10:00
LorenaWiebes (2)
Der niederländische Journalist und Ex-Profi Thijs Zonneveld hat in seinem Podcast „In de Waaier“ deutliche Worte zu den Schotter-Weltmeisterschaften 2025 gefunden. Während Florian Vermeersch und Lorena Wiebes die Titel bei den Männern und Frauen holten, sorgte die Kritik amerikanischer Fahrer an der Strecke in Limburg für Diskussionen.
Mehrere US-Profis bezeichneten den Kurs als zu zahm und zu wenig repräsentativ für den Gravel-Sport, wie er in den USA betrieben wird. Die amerikanische Fahrerin Lauren De Crescenzo etwa spottete vor dem Start: „Ein Kriterium auf Radwegen.“ Viele beklagten, das Rennen habe wenig mit den offenen, staubigen Schotterpisten von Unbound Gravel oder anderen US-Klassikern gemein.

„Das ist einfach ein anderer Sport“

Zonneveld widersprach dieser Sichtweise entschieden. „Schotter- und Straßenradsport haben viele Gemeinsamkeiten – besonders in Europa“, erklärte er. „In Amerika ist es dagegen immer noch ein anderer Sport. Ich finde das gar nicht schlimm. Mir macht es Spaß, all die großen Namen des Straßenradsports zu sehen. Und so ist es nun mal in Europa. Hier gibt es keine Straßen wie in Kansas – keine dreißig Kilometer langen Geraden ohne eine einzige Kurve.“

Zwei Kontinente, zwei Philosophien

Der Unterschied liegt für Zonneveld nicht nur im Gelände, sondern auch im Rennstil. „In Europa geht es mehr um Kurven, Positionskämpfe und Rhythmuswechsel. In Kansas kann man sich hundert Routen aussuchen, die alle gleich aussehen. Da gibt es mehr Schotterstraßen als Asphalt. Ich finde es dumm, dass die Amerikaner nicht in Massen gekommen sind. Sie werden hier einfach verdrängt, weil es so anders ist.“
Auch die körperliche Belastung unterscheide sich stark: „In den USA fährt man konstant in der Grauzone, ohne viele Sprints, bei 4 bis 5 Watt pro Kilogramm. In Europa sprintet man bis zur nächsten Kurve, ruht kurz aus – und dann wieder Vollgas. Das ist ein komplett anderer Rhythmus. Ich kann verstehen, dass das für manche frustrierend ist.“

„Eine Schande, dass sie nicht kommen“

Trotz seines Verständnisses für die Kritik findet Zonneveld deutliche Worte: „Es ist schade, dass viele Amerikaner die Herausforderung nicht angenommen haben. In Europa muss man um jede Kurve kämpfen, Ellenbogen raus, Position halten – das ist ein anderes Spiel. Aber wenn man sich Weltmeister nennen will, sollte man sich dem stellen.“
Er nennt Beispiele: „Keegan Swenson hat die körperlichen Voraussetzungen, aber er war nicht hier. Das finde ich schade. In Amerika kann man der große Mann sein, aber bei einer Weltmeisterschaft sollte man antreten – auch wenn man am Ende nur 30. wird.“
Zonnevelds Fazit: Die europäische Interpretation des Gravel-Sports mag anders sein – technischer, taktischer, intensiver –, aber sie spiegelt die Realität des Kontinents wider. „Das ist unser Stil“, so Zonneveld. „Und wer den Titel will, muss ihn sich auf unseren Straßen verdienen.“
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