„Ich werde es genießen“ – Matteo Jorgenson über die seltene Freiheit ohne Pogacar bei der Vuelta 2025

Radsport
Freitag, 22 August 2025 um 14:45
TadejPogacar MatteoJorgenson
Es kommt nicht oft vor, dass Matteo Jorgenson die Möglichkeit hat, eine Grand Tour ohne die übermächtige Präsenz von Tadej Pogacar zu bestreiten. Vor dem Start der Vuelta a España 2025 sprach der Amerikaner offen über die neue Ausgangslage. „Es kommt nicht oft vor, dass ich die Chance bekomme, ohne Tadej Pogacar zu fahren. Ich werde es genießen“, erklärte er im Vorfeld des Starts in Turin.
Mit Pogacars Verzicht auf die letzte große Rundfahrt des Jahres eröffnet sich für Jorgenson ein völlig neues Szenario. Der 26-Jährige geht als Helfer von Jonas Vingegaard ins Rennen, doch gleichzeitig könnte er selbst zu einer spannenden Option für die Gesamtwertung werden. Schon zweimal gewann er Paris–Nizza, dazu fuhr er bei der Tour de France in die Top Ten – die Vuelta könnte für ihn die nächste Karrierestufe markieren.

Erleichterung und neue Chancen ohne Pogacar

„Ähm, ist es eine Erleichterung... Ja, eigentlich schon“, gestand Jorgenson im Gespräch mit IDL. Ohne Pogacar verändere sich die gesamte Dynamik des Pelotons. „Wenn Pogacar im Rennen ist, zwingt er andere dazu, anders zu fahren – egal ob um Etappen oder um die Gesamtwertung. Ohne ihn wird es ein komplett anderes Rennen.“
Für Visma | Lease a Bike bedeutet Pogacars Abwesenheit ebenfalls neue taktische Möglichkeiten. Vingegaard bleibt zwar unangefochtener Kapitän, doch Jorgenson verleiht dem Team zusätzliche Flexibilität. Er kann Helfer am Berg, Ausreißerjäger oder eine zweite Option im Gesamtklassement sein. „Ich muss abwarten, wie mein Körper reagiert. Natürlich ist die Gesamtwertung eines meiner Ziele – und das Team unterstützt mich dabei. Aber am Ende hängt alles davon ab, wie ich mich fühle und wie sich das Rennen entwickelt“, so Jorgenson.

Die Neuerfindung bei Visma

Seit seinem Wechsel zu Visma im Jahr 2024 hat sich Jorgenson spürbar verändert. „Seit ich bei Visma bin, kann ich mich als Fahrer neu erfinden“, betonte er. Das zeigt sich auch in den Ergebnissen: Sieg bei Paris–Nizza gleich in seiner Debütsaison, ein achter Platz bei der Tour de France und ein weiterer Triumph bei Paris–Nizza 2025.
Diese Entwicklung überzeugte das Team, Jorgenson langfristig zu binden. Sein Vertrag läuft nun bis 2029, ein deutliches Signal des Vertrauens in sein Potenzial als Rundfahrer. Ganz anders verliefen seine Jahre bei Movistar, wo er den Giro und die Tour stets als offensiver Angreifer bestritt, ohne ernsthafte Ambitionen im Gesamtklassement. Bei Visma ist der Ansatz nun vielschichtiger: Helfer für Vingegaard und gleichzeitig Kandidat für eigene Spitzenresultate.

Vorbereitung auf die zweite Grand Tour

Ein doppeltes Grand-Tour-Programm verlangt Fingerspitzengefühl. „Die Vorbereitung auf die Tour de France ist extrem intensiv, bei der Vuelta ist das etwas anders. Ich habe darauf vertraut, dass die Tour-Vorbereitung eine gute Grundlage ist. Vor allem war es wichtig, meinen Kopf und meinen Geist wieder dorthin zu bringen, wo ich sie haben wollte“, erklärte Jorgenson.
Nach einer kurzen Pause nahm er das Training in lockeren Blöcken wieder auf. „Ich habe ein paar Tage Pause gemacht, dann ein paar dreitägige Blöcke – das war’s.“ Mit diesem maßvollen Ansatz wollte er Übertraining vermeiden und gleichzeitig die Form konservieren, die ihn bereits durch die Tour getragen hatte. Ziel ist es, bei der Vuelta frisch genug zu sein, um im entscheidenden Moment die Beine und den Kopf frei zu haben – sei es als Helfer oder für eigene Ambitionen.

Koordination mit Vingegaard

Spannend ist auch das Zusammenspiel mit Jonas Vingegaard. Beide arbeiten mit demselben Trainer, verfolgen aber individuelle Pläne. „Wir haben eine sehr ähnliche Vorbereitung absolviert, fast immer das gleiche Training. Nur tritt er dabei etwas härter in die Pedale, haha!“, scherzte Jorgenson.
Diese Parallelen erleichtern das Zusammenspiel während des Rennens, ohne dass Jorgenson seine eigene Freiheit verliert. Seine Vielseitigkeit könnte für Visma entscheidend sein, gerade bei einer Vuelta, die bekannt dafür ist, unvorhersehbare Wendungen zu nehmen.

Eine Vuelta voller Möglichkeiten

Jorgenson weiß, dass die Vuelta viele Türen öffnet. Er kann voll und ganz für Vingegaard fahren, eigene Attacken für Etappensiege wagen oder im richtigen Moment selbst zum GC-Kandidaten aufsteigen. „Deshalb wollte ich unbedingt die Vuelta fahren. Ich wusste, es wäre einfacher, hier die Form zu nutzen, als wenn ich eine Pause eingelegt hätte und über kleinere Rennen wieder hätte aufbauen müssen“, sagte er.
Entscheidend wird sein, wie er den Spagat zwischen Teamrollen und eigenen Träumen meistert. Seine mentale Stärke könnte dabei genauso wichtig sein wie die Beine. „Ich freue mich darauf. Es kommt nicht oft vor, dass ich die Chance habe, ohne ihn zu fahren. Ich werde es genießen“, wiederholte Jorgenson – eine Aussage, die sowohl Vorfreude als auch Kampfansage ist.
Klatscht 0Besucher 0
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Loading