Ben Healys spektakuläre Solofahrt auf der 10. Etappe der
Tour de France 2025 hat nicht nur das Rennen verändert, sondern auch bei
EF Education-EasyPost-Teamchef
Jonathan Vaughters tiefe Emotionen ausgelöst. Als der junge Ire das Maillot Jaune überstreifte, war Vaughters im Teambus den Tränen nahe.
„Ich hätte sowieso ein paar Tränen vergossen, wenn ich zu Hause zugeschaut hätte“, gab Vaughters offen zu. „Aber ich war vorhin wirklich kurz davor zu ersticken – du hast es bloß nicht bemerkt.“
Ausreißer mit Ansage: Healy kämpft um Zeit, nicht um Gegner
Zwar holte sich Simon Yates den Tagessieg, doch Healys mutige Attacke war das wahre Ereignis des Tages. In den letzten 15 Kilometern fuhr er allein gegen die Uhr, ließ seine letzten Begleiter stehen und wurde der erste Ire seit 38 Jahren, der das Gelbe Trikot der Tour de France tragen darf.
EF Education-EasyPost stand unterwegs vor einer taktischen Richtungsentscheidung. „Es war lange Zeit sehr angespannt“, berichtete Vaughters. „Irgendwann mussten wir entscheiden: Fahren wir auf Etappensieg oder gehen wir All-In für Gelb?“
Nachdem Healy bereits auf Etappe 6 einen Sieg eingefahren hatte, entschied man sich für Risiko statt Verwaltung. „Wir sagten: Wir haben eine Etappe gewonnen – also lass uns versuchen, das Gelbe Trikot zu holen.“
Zwischen Hoffen und Bangen – und ein MVP namens Sweeney
Was folgte, war ein Rennen im Ausnahmezustand. Die Konkurrenz verschärfte das Tempo, der Abstand zur Favoritengruppe schwankte gefährlich. „Wir hatten verdammt viel Angst, als Visma anfing, das Rennen zu beschleunigen“, so Vaughters. „Wir haben nur auf die Zwischenzeiten gestarrt, auf unsere Uhren – auf jede Info, die wir kriegen konnten.“
Auf den letzten Kilometern war Healy auf sich allein gestellt. „Ben hatte keine Hilfe mehr – aber genau da zeigte sich seine mentale Stärke. Er hat es allein durchgezogen“, sagte Vaughters bewundernd. „Das ist eine außergewöhnliche Leistung. Es gibt nur sehr wenige Fahrer auf der Welt, die so etwas leisten können.“
Ein weiterer Held des Tages: Harry Sweeney. Für Vaughters war er der unsichtbare Schlüssel zum Erfolg. „Er war wahrscheinlich zwei Minuten des Rückstands wert – unglaubliche Arbeit.“
Stolz auf eigene Talente – und auf das System
Vaughters machte klar, dass der Erfolg über das Ergebnis hinausgeht. „Was es besonders macht, ist, dass diese Jungs durch unser eigenes System gekommen sind“, sagte er sichtlich bewegt. „Ich sehe sie wie meine Kinder – und wenn deine Kinder so etwas erreichen, ist das etwas ganz Besonderes.“
Herausforderung Toulouse: „Viele scharfe Anstiege, tote Kurven“
Sportdirektor Charlie Southam warnte bereits vor der nächsten Etappe: „Toulouse ist im Finale sehr kompliziert. Chaotisch, viele kurze, harte Anstiege, dazu enge, tote Kurven.“
Dennoch ist die Marschrichtung klar: „Wir wollen das Trikot so lange wie möglich verteidigen. Natürlich wissen wir, dass Pogacar Pogacar ist“, sagte Southam. „Aber es ist eine coole, ungewöhnliche Situation – ein junges Team, das früh Gelb holt und plötzlich mitmischen darf. Und wir nehmen das an.“