Simon Yates geht als Gesamt-Dritter in die letzte Bergetappe des Giro d’Italia 2025 – und es könnte kaum ein symbolträchtigeres Finale geben: Der Colle delle Finestre, jener legendäre Pass, an dem Yates 2018 das Rosa Trikot verlor, markiert erneut das Schicksal einer Rundfahrt. Sieben Jahre nach jenem Einbruch bietet sich nun die Chance zur Revanche.
Zuvor hatte der Brite allerdings für Unruhe gesorgt. Nach der 19. Etappe zeigte er sich ungewohnt offen gegenüber den Medien – und kritisierte die Teamtaktik von Visma | Lease a Bike: „Der Plan war völlig anders als das, was wir heute gemacht haben, also werde ich mit dem Team darüber sprechen. Mehr will ich dazu nicht sagen“, hatte er am Vortag erklärt.
Einen Tag später räumte Yates ein, dass seine Worte direkt nach einem harten Renntag vielleicht zu impulsiv gewesen seien: „Typisch für mich – ein dreister Abgang, vielleicht ein wenig zu direkt.“ Doch intern sei alles besprochen worden. „Wir haben später mit dem Team gesprochen, wie wir es immer tun, und wir werden versuchen, uns zu verbessern.“
Der Blick nach vorn: Podium verteidigen, Chancen nutzen
Mit einem Rückstand von weniger als anderthalb Minuten auf Isaac Del Toro ist der Traum vom Gesamtsieg theoretisch noch intakt – praktisch jedoch ist der Fokus klar: den Podiumsplatz sichern. „Carapaz und Del Toro waren während des gesamten Giro sehr stark und sind mir wahrscheinlich einen Schritt voraus. Es wird schwierig, bis zu den letzten Kilometern werden wir nicht wirklich wissen, wie es um uns steht.“
Yates gibt sich dennoch entschlossen: „Wenn ich eine Chance sehe, werde ich versuchen, sie zu ergreifen. Aber gleichzeitig möchte ich meine derzeitige Position in der Gesamtwertung verteidigen.“
Die Erinnerung an 2018 hat der heute 32-Jährige offenbar nicht abgeschüttelt – aber verarbeitet. „Ich hoffe, dass es heute besser läuft als damals. Es ist jetzt schon eine Weile her und ich habe es verinnerlicht. Ich hoffe, ich habe gute Beine und wir werden sehen, was ich tun kann.“
Konkurrenz erwartet er vor allem von EF Education–EasyPost: „Ich denke, Carapaz will mehr als nur den zweiten Platz.“ Ob es zum großen Showdown oder zum kontrollierten Schaulaufen kommt, bleibt offen: „Ich habe keine konkreten Vorstellungen davon, welche Szenarien passieren könnten.“
Yates weiß, dass er heute alles auf eine Karte setzen muss – oder nichts riskieren darf. In einem Giro voller Wendungen und offener Rechnungen könnte er mit einem starken Tag am Finestre ein letztes Kapitel schreiben. Ob als Angreifer oder Verteidiger: Yates’ Fahrt über diesen Berg wird mehr als nur sportliche Bedeutung haben.