Doping-Jäger und ARD-Experte Hajo Seppelt war zu Gast im NRW Podcast – und stellte sich den kritischen Fragen von
Max Walscheid, Richard Weinzheimer und Tobias Knaup. Im Mittelpunkt: Die Grauzonen des Anti-Doping-Kampfes, das Medienecho auf die umstrittene ARD-Doku zur
Tour de France – und wie viel Mut es braucht, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Zwischen journalistischer Aufklärung und sportlicher Perspektive entspann sich eine Diskussion, die auch dort Reibung erzeugte, wo die Welten aufeinanderprallen.
Seppelt verteidigt seine Arbeit, räumt aber auch Kommunikationsfehler ein – und warnt eindringlich vor institutionellem Versagen. Ein Gespräch, das aufrüttelt.
Hajo Seppelt verteidigt seine Arbeit – aber räumt Defizite ein
Die ARD-Doku „Im Schatten des Gelben Trikots“ hatte für Aufsehen gesorgt – vor allem, weil darin unter anderem fragwürdige Leistungsdaten thematisiert und die Rolle von Trainern und Ärzten hinterfragt wurde. Hajo Seppelt stellt klar, dass es in der Doku nicht darum gehe, einzelne Fahrer zu beschuldigen: „Wir zeigen keine Blutwerte in der Doku. Wir sagen nicht, dieser Fahrer hat gedopt – wir zeigen ein System, das Fragen aufwirft. Wenn das schon zu viel ist, haben wir ein Problem.“
Gleichzeitig räumt Seppelt ein, dass in der medialen Kommunikation nicht alles ideal gelaufen sei – insbesondere, was die Differenzierung in der Darstellung betrifft.
Walscheid kritisiert Pauschalurteile und mangelnde Differenzierung
Max Walscheid, selbst aktiver Profi, äußert mehrfach Unbehagen mit der Wirkung der Doku auf die öffentliche Wahrnehmung: „Ich finde, es hätte an manchen Stellen mehr Differenzierung gebraucht. Man kann nicht jede auffällige Leistung direkt mit Doping in Verbindung bringen.“
Dabei wird klar das die Vertrauenskrise zwischen Journalismus und Sportlern tief ist – und beide Seiten sprechen oft aus völlig unterschiedlichen Rollen heraus. Walscheid betont: „Wir Fahrer stehen unter Generalverdacht, aber gleichzeitig sind wir diejenigen, die am wenigsten Kontrolle über das System haben.“
Der Generalverdacht als Symptom eines Systemversagens
Für Seppelt ist genau das ein Symptom eines größeren Problems: Der institutionelle Umgang mit Dopingvorwürfen – und die Angst, überhaupt hinzuschauen: „Wir reden hier nicht von Einzelfällen – wir reden von Systemen. Und solange diese Systeme bestehen, wird es keinen sauberen Sport geben.“
Der Journalist kritisiert nicht nur fehlende Konsequenz bei Funktionären, sondern auch mangelnde Rückendeckung für kritische Stimmen. Der Versuch, systemisches Doping öffentlich zu machen, werde oft als Angriff auf den Sport selbst gewertet.
Auch Moderator Tobias Knaup bringt eine Perspektive ein, die oft untergeht – die der Zuschauer und Nachwuchsathleten: „Ich habe Nachrichten bekommen von Jugendlichen, die nach der Doku schrieben: Warum soll ich überhaupt noch Rad fahren?“ Die Diskussion zeigt das der Grat zwischen Aufklärung und Demotivation schmal ist. Umso wichtiger sei eine transparente, aber verantwortungsvolle Kommunikation, betont Seppelt. Für ihn steht dennoch fest: „Die größte Angst der Funktionäre ist nicht, dass jemand dopt – sondern dass jemand darüber spricht.“
Zwischen Resignation und Hoffnung
Obwohl das Gespräch streckenweise kontrovers geführt wird, endet es nicht im Streit. Im Gegenteil – es wird spürbar, wie groß der Wunsch nach Veränderung ist. Und wie schwierig es ist, sich diesem Thema zu nähern, ohne in Polarisierung zu verfallen. Max Walscheid fasst es am ehrlichsten zusammen: „Es sieht so aus, als würde ich euch angreifen – aber eigentlich will ich nur, dass man uns zuhört.“