Girmay kritisiert WM-Parcours in Kigali: „Die Strecke ist zu hart für afrikanische Fahrer“

Radsport
Freitag, 26 September 2025 um 19:00
Biniam Girmay
Mit der ersten Straßenrad-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden in Kigali wollte die UCI ein historisches Zeichen setzen. Doch ausgerechnet der größte Star des Kontinents, Biniam Girmay, hat dem Hauptrennen im Vorfeld eine ernüchternde Bewertung gegeben. Der eritreische Sprinter und Aushängeschild des afrikanischen Radsports kritisierte den Kurs des Männer-Eliterennens scharf. Die Strecke sei „viel zu schwierig für afrikanische Fahrer“, erklärte er – und räumte ein, dass er sogar kurz davor war, seine Teilnahme abzusagen.
„Es ist eine Schande“, sagte Girmay am Freitag in Kigali. „Gerade weil dies die ersten Weltmeisterschaften in Afrika sind. Aber der Kurs ist einfach zu hart für afrikanische Fahrer.“ Die Zitate wurden von der französischen Sportzeitung RMC aus seiner Pressekonferenz gesammelt.
Girmays Worte wiegen schwer: Er war 2022 der erste Schwarze Afrikaner, der mit Gent–Wevelgem ein großes Klassiker-Rennen gewann, und schrieb 2024 mit drei Etappensiegen sowie dem Grünen Trikot bei der Tour de France Geschichte. Während die UCI die Kigali-WM als Meilenstein für die globale Ausweitung des Sports feiert, lenken Girmays Einwände den Blick auf eine unbequeme Frage: Ob die Gestaltung der Strecke nicht ausgerechnet jenen Fahrern den Schwung nimmt, deren Kontinent hier im Mittelpunkt stehen sollte.
Girmay
Girmay hat 2025 um seine Bestform gekämpft

Eine Strecke, die die Kletterer belohnt - und den Kontinent ausschließt?

Der Kurs in Kigali gilt mit seiner Abfolge steiler Anstiege und einem kumulierten Höhenprofil, das den bergigsten Weltmeisterschaften der Geschichte nahekommt, als extrem anspruchsvoll. Für Biniam Girmay, der seine Stärken zunehmend in explosiven Eintagesrennen und Sprintankünften sieht, stellt das Terrain jedoch ein massives Missverhältnis dar – und nicht nur für ihn. „Ich habe gezögert zu kommen wegen der vielen Steigungen“, räumte er ein. „Es ist einer der härtesten Kurse überhaupt. Ich starte auch nicht bei Lüttich–Bastogne–Lüttich oder Il Lombardia, weil sie einfach zu schwer sind. Ich will kein Rennen nur bestreiten, um irgendwie ins Ziel zu kommen.“
Der Fahrer von Intermarché–Wanty betonte zudem, dass das Profil den besonderen Qualitäten vieler afrikanischer Nationen kaum entgegenkommt. „Es wäre besser gewesen, den afrikanischen Fahrern mehr Chancen zu geben“, sagte er. „Schauen Sie sich nur die Juniorenrennen an – die Ergebnisse waren nicht gut.“
Tatsächlich lassen die bisherigen Wettbewerbe der Junioren und U23-Klassen darauf schließen, dass die Gastgebernationen trotz Heimvorteils Mühe haben, sich in den Spitzengruppen zu behaupten. Für einen Kontinent, der über Jahrzehnte kaum Zugang zur Weltspitze des Radsports hatte, ist die symbolische Bedeutung einer Heim-Weltmeisterschaft zwar unbestritten. Doch Girmays Kritik legt eine Sorge offen: Dass reine Symbolik nicht reicht – wenn die Strecke selbst kaum echte Chancen für afrikanische Fahrer eröffnet.

Weiterhin die Fahne mit Stolz trägt

Trotz aller Vorbehalte ist Biniam Girmay nach Kigali gereist – nicht in erster Linie für den eigenen Erfolg, sondern um das eritreische Nationalteam zu unterstützen. „Das Team hat mich gebeten zu kommen und meinen Kollegen zu helfen. Darauf bin ich voll eingestellt“, sagte er. „Am Ende trage ich immer mit Stolz das Nationaltrikot und vertrete mein Land. Ich gebe alles.“
Seit seinem herausragenden Auftritt bei der U23-Weltmeisterschaft 2021 und dem historischen Sieg bei Gent–Wevelgem ist Girmay zur Symbolfigur geworden – nicht nur für Eritrea, sondern für den gesamten afrikanischen Radsport. In Kigali ruhen die Hoffnungen einmal mehr auf seinen Schultern, auch wenn die Strecke alles andere als einladend wirkt.
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