Miguel Indurain gehört zu den Größten des Radsports – als fünffacher Tour-Sieger und zweifacher Gewinner des Giro d’Italia kennt er die Höhen und Tiefen eines dreiwöchigen Rundfahrtsiegs wie kaum ein anderer. Nach der 17. Etappe des Giro d’Italia 2025 meldete sich die spanische Radsportlegende zu Wort und zog ein Zwischenfazit eines bislang hochspannenden Rennens.
„Ja, es stimmt, das Rennen ist unglaublich eng“, sagte Indurain im Gespräch mit Cycling Pro Net. „Es gibt viele Fahrer, die noch im Rennen sind. Es sah so aus, als ob del Toro die Kontrolle hätte, aber er hatte gestern einen schlechten Tag. Aber er hat sich gut erholt. Es ist noch alles offen – es bleiben noch drei interessante Tage, bevor wir den Sieger in Rom krönen.“
Indurain wollte sich nicht auf einen klaren Favoriten festlegen, doch seine Analyse zeigte, wie komplex das Rennen in seiner Schlussphase ist: „Del Toro sieht stark aus. Er ist jung, ehrgeizig und hat ein starkes Team. Aber Carapaz ist an den langen Anstiegen immer gefährlich, und er bringt Erfahrung mit, die gerade in der letzten Woche zählt. Auch Yates weiß, wie man ein dreiwöchiges Rennen bewältigt. Es wird ein faszinierender Giro bis zum Schluss.“
Der Spanier, der 1992 und 1993 in Italien triumphierte, sieht den modernen Radsport als eine völlig andere Welt im Vergleich zu seiner aktiven Zeit: „Nein, nein – der Radsport von heute ist völlig anders als zu meiner Zeit. Heute sind die Etappen kürzer, schneller und intensiver. Die Teams müssen die Dinge viel genauer steuern als früher.“
Diese Beobachtung teilen viele Ikonen des Sports: Das heutige Peloton ist jünger, aggressiver – und die Rennen verlaufen unberechenbarer. Genau das macht den Giro 2025 für Fans wie Experten gleichermaßen spannend.
Doch Indurain ist nicht nur als Kommentator vor Ort. Der 60-Jährige nimmt am „Giro E“ teil, einer Parallelveranstaltung mit E-Bikes, bei der ehemalige Profis und Gäste einzelne Etappenabschnitte bewältigen – oft auf denselben legendären Anstiegen, auf denen sie einst Geschichte schrieben.
„Ich wurde zum Giro eingeladen, um einige kurze Etappen des Giro E zu fahren“, erzählte er. „Wir sind den Mortirolo hochgefahren und haben auch die gestrige Etappe absolviert. Ich habe hier viele alte Freunde gesehen – Chiappucci, Bugno, Astarloa. So viele bekannte Gesichter. Da werden Erinnerungen wach. Es ist 30, ja 32 Jahre her, dass ich den Giro '92 und '93 gewonnen habe. Den Mortirolo wieder zu erklimmen, diese Straßen zu fahren... das ist wie ein Wiedererleben der Vergangenheit.“
Indurains Stimme bleibt im Radsport unüberhörbar – nicht nur wegen seiner Erfolge, sondern wegen seiner reflektierten Sicht auf eine sich wandelnde Sportart. Der Giro d’Italia 2025 ist offen wie selten zuvor – und wenn jemand das Drama und die Tiefe dieses Rennens einordnen kann, dann Miguel Indurain.