„Es ist lange her, dass ich auf diesem Niveau war“ – Jai Hindley peilt Vuelta-Podium an

Radsport
durch Nic Gayer
Montag, 08 September 2025 um 15:00
JaiHindley
Die Berge haben gesprochen, und Jai Hindley hat zugehört. Nach einer Saison voller Stürze, Rückschläge und Opfer hat sich der Giro-d’Italia-Sieger von 2022 bei der Vuelta a Espana 2025 zurück in die Elite gekämpft – und beginnt zu glauben, dass etwas Besonderes in Reichweite liegt.
Am zweiten Ruhetag bestätigte der Red Bull - BORA - hansgrohe-Profi, was viele Beobachter in Spanien bereits flüstern: Die dritte Woche dieser Vuelta könnte auf ihn zugeschnitten sein. „Vielleicht ist Jonas nach der Tour ein bisschen müde“, sagte Hindley beiläufig – doch es war eine Bemerkung mit Gewicht. Jonas Vingegaard, der amtierende Tour-de-France-Sieger, und João Almeida, ein weiterer Podiumsfahrer, haben beide im Juli Vollgas gegeben. Obwohl sie auf den brutalen Rampen des Angliru stark wirkten, glaubt Hindley, dass die Strapazen des Sommers ihm in die Karten spielen könnten.

Frische Beine und neues Selbstvertrauen

Es ist eine typische Hindley-Geschichte: die ersten Wochen überstehen und dann zuschlagen, wenn es am meisten zählt. „Es ist lange her, dass ich auf diesem Niveau war, und es ist schön, wieder dort zu sein, wo ich hingehöre“, sagte er.
Nach seinem Sturz-Aus beim Giro in diesem Jahr und der Helferrolle für Primoz Roglic bei der letztjährigen Tour bringt er nun etwas mit, das ihm lange fehlte: Frische. Den Sommer verbrachte er im Höhentraining und fern von Rennhektik. „Wir hatten nach dem Giro einen Plan, und ich kam [bei der Vuelta] vielleicht frischer an als die Jungs, die schon eine Grand Tour gefahren sind“, erklärte Hindley. „Der Sturz war nicht ideal, aber er gab mir Zeit, mich neu zu orientieren und von Grund auf aufzubauen.“
Die Strategie geht bislang auf. Hindley blieb auf den wichtigsten Bergetappen dicht bei den Favoriten – einschließlich einer starken Fahrt am Angliru, wo nur Vingegaard und Almeida stärker wirkten – und liegt nun in Schlagdistanz zum Podium.

Teamstärke als Schlüssel

Dazu trägt auch die Unterstützung seines Teams bei, allen voran der aufstrebende Giulio Pellizzari. „Giulio ist ein cooler Typ. Er hat eine unglaubliche Energie, auf und neben dem Rad“, lobte Hindley. „Er ist schon für mich gefahren und fährt selbst ein tolles Rennen.“
Pellizzari, aktuell Sechster der Gesamtwertung und im Weißen Trikot, hat sich als verlässlicher Kletterer und potenzieller Leader etabliert. Red Bull – BORA – hansgrohe zeigt dabei Gelassenheit im Umgang mit der Doppelrolle. Hindley selbst bleibt klar: „Man fährt immer, um zu gewinnen. Aber im Moment ist das Ziel ein Podium in Madrid. Das wäre großartig, und die Mannschaft hätte es verdient. Aber es wird nicht einfach, es wird kein Geschenk.“

Zeitfahren als Prüfstein

Die kommenden Etappen sind brutal. Besonders das Zeitfahren der 18. Etappe gilt als Schlüssel – traditionell Hindleys Schwachstelle. Doch er hat daran gearbeitet: Mit Unterstützung von Spezialisten wie Dan Bigham und Jonny Wale verwandelte er die ungeliebte Disziplin in eine handhabbare Stärke. „Das Zeitfahren wird entscheidend sein“, sagte er. „Vor allem, wenn noch Berge wie die Bola del Mundo anstehen, geht es darum, Kräfte klug einzuteilen und jede Chance zu nutzen.“
Eine dieser Chancen könnte sein, Tom Pidcock (Q36.5) von Rang drei zu verdrängen. Hindley lobte die Form des Briten, deutete aber an, dass die letzte Woche die Gesamtwertung neu ordnen könnte: „Pidcock ist in großartiger Form, aber wir müssen abwarten, wie es in der letzten Woche läuft.“

Augen auf Madrid

Hindleys Karriere zeigt: Er kommt spät ins Rollen. Bei beiden Giro-Podien bewies er enorme Ausdauer und die Fähigkeit, in der dritten Woche zuzuschlagen. Auf dem Papier mögen Vingegaard oder Almeida stärker wirken, doch Hindley spielt das lange Spiel – ein Drehbuch, das er kennt.
Er erklärt sich nicht zum Favoriten, er macht keine großen Ankündigungen. Aber die Botschaft zwischen den Zeilen ist klar: Jai Hindley ist wieder da – und er ist bereit, um das Podium zu kämpfen.
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