Nach zehn Etappen voller Drama, Attacken und Taktikspielchen gönnte sich das Peloton der
Tour de France 2025 am Bastille-Tag keine Pause. Erst mit dem ersten Ruhetag bekam das Feld Luft zum Durchatmen – aber nicht, bevor
Simon Yates und
Ben Healy die Schlagzeilen übernahmen.
Yates sicherte sich auf der 10. Etappe den Tagessieg mit einem späten Antritt, doch es war Healy, der Geschichte schrieb: Der Ire übernahm mit einem furiosen Alleingang das Gelbe Trikot – als erster Fahrer seines Landes seit 38 Jahren. „Er hat sich einfach gegen eine Ziegelmauer genagelt“, kommentierte
Luke Rowe im Podcast
Watts Occurring. „Hartnäckig, Pitbull-Mentalität.“
Healy im Alleingang, UAE unter Druck
Schon früh war
EF Education-EasyPost mit mehreren Fahrern in der Ausreißergruppe vertreten – erst vier, dann drei, am Ende nur noch einer: Healy. Als das Tempo anzog, wartete er nicht auf Hilfe, sondern setzte sich mehr als 20 Kilometer vor dem Ziel solo ab – mit über drei Minuten Vorsprung auf das Maillot Jaune.
Rowe und Tom Fordyce würdigten seine Leistung ebenso wie die des Etappensiegers Yates. „Er ist der stille Killer“, sagte Rowe. „Zu gut, um unter dem Radar zu bleiben – aber sie schaffen es doch immer wieder.“ Fordyce ergänzte: „Das ist sein erster Etappensieg bei einer Grand Tour seit Eselsjahren. Er hat einfach auf den richtigen Moment gewartet.“
Für das UAE Team Emirates - XRG und Tadej Pogacar endete der Tag mit dem Verlust des Gelben Trikots – und laut Rowe alles andere als freiwillig: „Sie haben es nicht abgegeben, sie haben es verloren.“ UAE habe alles versucht, den Abstand zu kontrollieren, aber als EF-Fahrer wie Harry Sweeney und Alex Baudin das Tempo erhöhten, stand das Team vor der Wahl: Alles investieren – oder loslassen.
Visma in der Tiefe stark, EF mutig und belohnt
Während UAE an seine Grenzen kam, präsentierte sich
Visma - Lease a Bike taktisch vielseitig. Dass Simon Yates in die Ausreißergruppe geschickt wurde, könnte laut Rowe ein Hinweis darauf sein, dass man bei Visma an der Alleingangfähigkeit von Jonas Vingegaard zweifelt – oder der Tiefe des Teams vertraut. „Zum ersten Mal sah man, dass er isoliert sein könnte. Visma hat die Zahlen. UAE nicht.“
Fordyce betonte, wie viel Healys Auftritt für EF bedeutet – sportlich wie finanziell. „Solche Tage verändern dein Team. Wenn du beim größten Radrennen der Welt in Gelb fährst, hat das Auswirkungen auf Jahre.“ EF sei ein Team ohne riesiges Budget, aber mit Mut. Rowe lobte die Herangehensweise: „Sie haben keine Angst zu scheitern. Wenn ein Rennen normalerweise so läuft, sagen sie: ‚Scheiß drauf, wir machen’s auf unsere Weise.‘“
Auch Mathieu van der Poel und Jonas Rickaert bekamen Anerkennung für ihre lange Ausreißerfahrt auf Etappe 9. Rickaert wurde kämpferischster Fahrer des Tages, van der Poel der „Motor“ der Flucht. „Er hat das nur für Jonas gemacht“, meinte Rowe. Ihr „Chapeau des Tages“ ging daher verdient an Rickaert – mit einem „halben“ an van der Poel.
Pogacar und Vingegaard im Gleichschritt, Onley als Geheimtipp
Im Kampf um den Gesamtsieg bleiben Pogacar und Vingegaard im Fokus. Die beiden schenken sich weiterhin nichts, zeigen aber auch sportliche Größe. Als Lenny Martinez spät eingeholt wurde, ließen sie ihn unbehelligt vorbeiziehen. „Eine schöne kleine Geste“, sagte Rowe. „Für sie ändert Platz acht oder neun nichts – aber für Martinez? That’s a result.“
Eine Überraschung liefert der Brite Oscar Onley, der bislang stark auftritt. Rowe traut ihm sogar einen Platz auf dem Podium zu: „Ich hätte nicht gedacht, dass er so gut ist.“