Auch vier Jahrzehnte nach seinem letzten Sieg bei der
Tour de France spricht
Bernard Hinault über Radsport mit dem Instinkt eines Rennfahrers, nicht mit der Nostalgie einer Legende.
Bernard Hinault: Kampfgeist statt Nostalgie – der echte „Blaireau“
Anlässlich der Rückkehr seiner Autobiografie in die Buchläden blickt der fünffache Toursieger auf die Wurzeln seines unnachgiebigen Wettkampftriebs zurück
in einem Gespräch mit Ouest-France. Nicht Ruhm oder Ehrgeiz, sondern die schlichte Lust an Konfrontation und Revanche zog ihn zunächst aufs Rad.
„Im Radsport hat mich immer der Wettbewerb gereizt. Der Kampf, fair und ehrlich“, erklärte Hinault. „Heute wirst du geschlagen, morgen holst du dir die Revanche. Das ist elektrisierend.“
Diese Haltung, betont er, hat ihn nie verlassen. Sie erklärt, warum der Bretone gewann, kaum dass er eine Startnummer ansteckte.
Erst siegen, dann nachdenken
Hinauls erste Beziehung zum Rad war weder romantisch noch sportlich. Sie war praktisch. Ein Mittel, um zur Schule nach Saint-Brieuc zu kommen. Doch Wiederholung schuf Kraft und Opportunismus.
„Eines Tages sagte ich: ‚So, jetzt reicht’s, 20 Kilometer Rad am Tag machen mir keine Angst mehr‘“, erinnerte er sich. „Yffiniac liegt in einer Senke, man muss also klettern, um herauszukommen. Indem ich jeden Tag denselben Weg fuhr, schaffte ich es, im Windschatten von Lastwagen zu bleiben. So habe ich gelernt, ‚am Hinterrad zu kleben‘.“
Dieses Gespür für Schutz und Timing trug er direkt ins Rennen. Sein erster Sieg gelang ihm in Planguenoual im Mai 1971, gegen einen Fahrer, dem alle den Sieg zutrauten.
„Ich blieb lange im Windschatten, bis zu einer letzten Linkskurve, in der ich die Chance ergriff“, sagte Hinault. „Ich stach innen durch, beschleunigte und kam vor Jean Yves ins Ziel, dem klaren Favoriten. Vielen Dank und auf Wiedersehen! Alle fragten: ‚Wer ist das denn?‘ Den Blumenstrauß brachte ich meiner Mutter mit.“
Es wurde zum Muster. Beobachten. Warten. Zuschlagen. Gewinnen. „In meiner allerersten Saison 1971 habe ich 12 von 20 Rennen gewonnen“, sagte er. „So bin ich Profi geworden. Indem ich Rennen gewann. Mit der Zeit wurde ich entdeckt. Es gibt kein Geheimnis.“
Ein Racer, der seinen Biss nie verlor
Selbst auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde Hinault nie weich. Seine Verbundenheit zur Bretagne blieb konstant. Er kehrte zurück, sooft es ging, und spulte Kriterien herunter, lange nachdem andere bereits kürzergetreten wären.
„Es gab ein Jahr, in dem ich 27 Kriterien in 20 Tagen fuhr“, sagte er. „Einmal bin ich sogar tagsüber in Montargis und abends in Saint-Brieuc gestartet, mit dem Flugzeug dazwischen.“
Diese Härte brachte ihm den Spitznamen ein, der ihn ein Leben lang begleiten sollte. „Am Anfang war es ein generischer Spitzname im Peloton“, erklärte Hinault zu ‚Le Blaireau‘. „Eines Tages wurden sie interviewt und nannten mich ‚den kleinen Dachs‘. Und das blieb hängen. Gleichzeitig passt es zu mir.“
Mehr als ein Spitzname: ein Spiegel eines Fahrers, der nie aufhörte zu kämpfen. Und noch heute spricht Hinault über den Radsport nicht in Denkmälern oder Trikots, sondern in der rohen, körperlichen Freude am Rennenfahren und am Schlagen des Nebenmanns.
Ein Gefühl, macht er klar, das nie verblasst.