„Ein Kilometer hätte Almeida gerettet“ – Johan Bruyneel kritisiert Juan Ayuso und das Management des UAE Teams bei der Vuelta

Radsport
durch Nic Gayer
Dienstag, 02 September 2025 um 11:30
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Johan Bruyneel hat in Lance Armstrongs „The Move“-Podcast mit Spencer Martin eine umfassende Einschätzung der aktuellen Situation von Juan Ayuso beim UAE Team Emirates - XRG gegeben. Der frühere Teamleiter argumentierte, dass sowohl das Team als auch der junge Spanier die diesjährige Vuelta a Espana 2025 falsch handhaben – ein Missmanagement, das direkte Konsequenzen für Joao Almeidas Rennen habe. Laut Bruyneel sei das Kernproblem ein Mangel an Autorität innerhalb der UAE-Struktur, wo das Management es versäumt habe, einem talentierten, aber eigenwilligen Fahrer klare Grenzen zu setzen.
„Wenn man sich nicht an die Anweisungen des Teams hält, passiert genau das, was wir gesehen haben. Es ist eine komplizierte Situation. Einerseits glaube ich, dass es Matxín war, der eine sehr enge Beziehung zu Ayuso hat und ihn ins Team gebracht hat. Er steht zwischen zwei Feuern. Aber als Struktur muss sich jemand aufdrängen und sagen: ‚Das ist die Vereinbarung. Wer das nicht akzeptiert, hat hier nichts zu suchen.‘ Und wenn Ayuso gehen will, dann setzt man einen Preis fest und verhandelt. So würde ich es machen.“

Ein fehlender Kilometer als entscheidender Unterschied

Bruyneel ging besonders auf Almeidas Kritik ein, dass er am Valdezcaray-Anstieg allein gelassen wurde und dadurch Boden auf Jonas Vingegaard verlor. „Was mich an Almeidas Aussagen am meisten überrascht hat, war der Hinweis auf die fünf Minuten. Überlegen wir mal: Er liegt nach dem ersten Ruhetag nur knapp 40 Sekunden hinter Vingegaard. Hätte man ihm das zu Beginn des Rennens gesagt, hätte er es ohne zu zögern akzeptiert. Ayuso hätte den Unterschied machen können, selbst wenn es nur darum gegangen wäre, einen oder anderthalb Kilometer zu ziehen. Dieser Kilometer war Gold wert. Es hätte Almeida geholfen, sein eigenes Image verbessert und die Stimmung im Team gestärkt.“
Er erklärte weiter: „Das Bemerkenswerteste ist, dass Almeida nur ein Kilometer Unterstützung fehlte. Der ganze Schaden entstand bei Vingegaards erster Attacke. Es ist verständlich, dass Almeida auf dem schwersten Teil ein paar Sekunden verlor, aber wenn Ayuso noch einen Kilometer weiter an seiner Seite geblieben wäre, hätte Almeida den Anschluss schaffen können. Auf dem letzten Kilometer hätte er vielleicht sogar zehn Sekunden auf Vingegaard gutmachen können. Stellen Sie sich vor, sie wären gemeinsam angekommen.“
Bruyneel macht deutlich, dass die Verantwortung auf beiden Seiten liegt. „Von außen betrachtet macht es keinen guten Eindruck. Es liegt sowohl am Fahrer als auch am Team. Man muss mit einem individualistischen Fahrer wie Ayuso umgehen können. Wir dürfen nicht vergessen, dass er fast alle Rennen in der Volta a Catalunya bis zum letzten Tag gewann, dann beim Giro scheiterte und jetzt bei der Vuelta nicht bei 100 % ist – und trotzdem ein Spitzenfahrer bleibt. Ich bin enttäuscht über die mangelnde Autorität des Managements.“
Mit Blick auf die Zukunft sieht Bruyneel weitreichende Konsequenzen. „Vielleicht spielt es am Ende keine Rolle, weil Vingegaard sehr stark ist. Aber nach neun Etappen ist klar: Es war ein Fehler von Ayuso und ein Fehler des Teams, keine Führung zu zeigen. Diese Episode markiert ein Vorher und Nachher: Man kann Ayuso nicht mehr mit Pogacar zur Tour de France mitnehmen. Es gibt kein Vertrauen mehr.“
Auch den bevorstehenden Wechsel zu LIDL-Trek kommentierte Bruyneel: „Alles deutet darauf hin, dass Ayuso zu LIDL-Trek gehen wird. Sie investieren viel, um sich zu positionieren. Ayuso ist ein talentierter, aber anspruchsvoller Fahrer. Die Frage ist, ob das Team ihn wirklich braucht, denn sie haben bereits starke Fahrer wie Pedersen und Milan. Theoretisch ist er zwar ein kompletterer Fahrer als Ciccone, aber nicht zwingend entscheidend.“
Abschließend warnte Bruyneel vor möglichen Risiken: „Ayuso hat seit 2023 keine Grand Tour mehr beendet. Die Frage ist, wie viele Fahrer in der Gesamtwertung, die wirklich auf höchstem Niveau fahren, in ihrer Karriere einen solchen Moment hatten, in dem sie einfach abschalten. Selbst bei dieser Vuelta kämpft Mikel Landa noch um die Gesamtwertung, obwohl er sich auf Etappen hätte konzentrieren können.“
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