„Diese Fahrer wären für INEOS wohl die beste Option“ – Bruyneel und Martin diskutieren die möglichen 2026-Verpflichtungen des britischen Teams

Radsport
Samstag, 06 Dezember 2025 um 14:00
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Die INEOS Grenadiers haben am Freitag ihre letzten fünf offenen Vertragsverlängerungen bis 2026 bestätigt. Damit umfasst das Aufgebot nun 27 Fahrer – die Mannschaft ist nahezu komplett, aber die spannendsten Personalien stehen noch aus. Hinter den Kulissen wird weiter verhandelt, und zwei Namen dominieren die Diskussionen: Oscar Onley und Derek Gee. Dazu kommt Sam Welsford, dessen Deal zuletzt ins Stocken geraten ist.
Im Podcast The Move ordnen Johan Bruyneel und Spencer Martin ein, wie weit die Verhandlungen gediehen sein könnten – und welchen strategischen Kurs INEOS verfolgt.

Oscar Onley – der fehlende britische Grand-Tour-Leader?

Spencer Martin formuliert die Ausgangsfrage so: „Wenn Oscar Onley zu INEOS wechselt – wohin steuert das Team mit ihm als Leader?“ Der 22-Jährige, der die diesjährige Tour de France als Vierter beendete, ist der jüngste britische Fahrer seit Jahrzehnten, der realistische Perspektiven für ein Grand-Tour-Podium bietet.
Bruyneel sieht den Fit klar: „Für INEOS braucht es wieder einen britischen Topfahrer. Und Onley ist derzeit der Einzige, der verfügbar wäre.“
Onley hat bei Picnic PostNL (dem mutmaßlichen Nachfolgeteam des DSM-Projekts) noch Vertrag bis 2027. Dennoch hält sich hartnäckig das Gerücht, INEOS wolle ihn aus seinem Vertrag herauskaufen – ein Manöver, das bei Remco Evenepoel scheiterte, bei Onley aber finanziell im Rahmen liegen könnte.
Seine Tour-Leistung 2025 war bemerkenswert: Konstanz an jedem Berg, Nervenstärke unter Dauerdruck und die Fähigkeit, am Col de la Loze mit Pogacar, Vingegaard und Lipowitz mitzuhalten. Das macht ihn zur potenziellen Basis eines neuen britischen GC-Projekts.

Derek Gee – ein Wechsel, der schon vollzogen wäre? Wenn da nicht die Juristen wären

Die Verbindung zwischen Gee und INEOS besteht seit Anfang August – zumindest verbal. Der Kanadier löste seinen Vertrag bei Israel – Premier Tech auf, woraufhin juristische Auseinandersetzungen folgten. Sie blockieren bis heute die Formalisierung eines Wechsels.
Bruyneel glaubt dennoch: „Die Einigung ist da. Jetzt geht es nur noch um die rechtliche Klärung.“
Gee wurde in seinem Team klar als Leader aufgebaut und fuhr 2025 einen beeindruckenden Giro: Platz vier in der Gesamtwertung, dazu konstante Leistungen in den Alpen und im Zeitfahren. Er wäre ein sofortiger Leistungsträger – auch wenn Bruyneel betont, dass weder er noch Onley aktuell Siegkandidaten bei Grand Tours seien.
In einer Welt mit Pogacar, Vingegaard und Del Toro ist das argumentierbar. Aber: Podiumsfahrer mit Entwicklungsspielraum sind im Markt extrem selten – und INEOS braucht genau solche Profile.

„Vollblüter im Verborgenen“ – warum INEOS auf Onley, Gee und Welsford setzen könnte

Ein entscheidender Gedanke kommt von Martin: „Alle drei – Onley, Gee, Vauquelin – fuhren bei Teams, die deutlich weniger in Trainingslager, Material, Methodik investieren. Wenn sie dort schon Top-10 oder Podium fahren … was passiert, wenn man sie in ein Programm wie INEOS steckt?“
Dieser Satz zeigt, worauf INEOS aktuell abzielt: seine Historie als Entwicklungsmaschine reaktivieren, statt lediglich fertige Superstars einzukaufen (die ohnehin nicht verfügbar sind).
Wen können die Grenadiers realistischerweise verpflichten?
  • Pogacar? Unmöglich.
  • Vingegaard? Gebunden.
  • Isaac del Toro? Für Jahre unverkäuflich.
Die aktuelle Marktlage zwingt INEOS also zu einem Umdenken: Talente mit hohem Potenzial statt fertiger Siegfahrer.

Welsford: der fehlende Baustein im Sprintzug?

Sam Welsford schien lange fix. Doch laut Martin liegt der Deal „auf Eis“. INEOS wartet offenbar ab, ob sich die großen Domino-Steine bewegen – insbesondere Onley und Gee. Erst dann entscheidet sich, wie die letzten drei Kaderplätze vergeben werden.
Daniel Benson berichtete zuletzt, dass Welsford weiterhin ein Thema sei. Ein starker Endschneller wäre für das Team mehr als ein Lückenschluss – es fehlt seit Jahren eine verlässliche Sprintoption.

Wie realistisch ist das Mega-Paket: Onley, Gee UND Welsford?

Das Szenario klingt gewagt, aber nicht unrealistisch. Bruyneel hält die „anhaltende Stille“ für ein Zeichen, dass INEOS große Transfers vorbereitet. Seine These: Das Team wartet bewusst, weil ein größerer Kaderumbau im Hintergrund läuft.
Martin geht noch weiter und spielt eine hypothetische Variante durch: „Stell dir vor, Onley, Gee und Vauquelin gehen alle zu INEOS … Brailsford würde sie sofort holen. Das wären versteckte Vollblüter.“
Natürlich bleibt das Spekulation. Aber es zeigt, wie sich die Wahrnehmung des Teams gewandelt hat. INEOS kann nicht mehr mit der Marktmacht vergangener Jahre agieren – also sucht man nach Zukunftspotenzial.

Fazit: INEOS vor einem entscheidenden Winter

INEOS Grenadiers hat 2026 nicht nur das Ziel, wieder konkurrenzfähig zu sein, sondern sich neu zu erfinden. Derek Gee und Oscar Onley wären zentrale Bausteine dieser Entwicklung – Fahrer, die nicht sofort Tour-Favoriten sind, aber das Potenzial besitzen, dorthin zu wachsen.
Dass INEOS sich nicht um Pogacar oder Vingegaard bemüht, hat nichts mit fehlenden Ambitionen zu tun. Es ist schlicht Realität.
Doch wie Bruyneel sagt: „Diese Fahrer könnten die beste Wette sein, wenn du INEOS bist.“
Noch sind drei Plätze frei. Doch die Ruhe täuscht: der große Wurf könnte erst noch kommen.
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