„Das Team ist völlig unabhängig von Lance Armstrong“ – George Hincapie tritt aus dem Schatten der Vergangenheit, Modern Adventure peilt eine US-Renaissance an

Radsport
Dienstag, 18 November 2025 um 18:00
George Hincapie Lance Armstrong
George Hincapie ist zurück – nicht als Fahrer, nicht als Sidekick von Lance Armstrong, sondern als Architekt eines neuen amerikanischen ProTeams. Modern Adventure Pro Cycling soll ein Projekt ohne Ballast sein, betont der frühere Klassikerspezialist. Keine Fortsetzung alter Geschichten, keine versteckte Armstrong-Verbindung, keine PR-Operation.
„Wir stehen in Kontakt und machen zusammen den Podcast, aber das Team ist völlig unabhängig von Lance“, sagte Hincapie gegenüber Bici.Pro. „Auch die Sponsorsuche läuft über andere Kanäle. Das hier ist mein Projekt.“
Der 2012 zurückgetretene Ex-Profi, der einst Gent–Wevelgem gewann und zu den konstantesten amerikanischen Fahrern seiner Generation gehörte, unterstreicht: Modern Adventure soll nicht das Andenken an frühere Teams fortschreiben, sondern ein Fundament für die Zukunft bilden.

Der große Plan: ein US-Team mit Tour-Ambitionen

Hincapie formuliert sein Ziel ohne Umschweife. Er will ein dauerhaftes amerikanisches Spitzenprogramm aufbauen – ein Team, das eines Tages bei der Tour de France um Etappen und Wertungen kämpfen kann.
„Ich will das amerikanische Dream-Team schaffen“, sagt er. „Ein Team, in dem mindestens die Hälfte der Fahrer aus den USA kommt. Ein Team, das Fans wiedererkennen.“
Unter amerikanischen Topfahrern sieht er ein Vakuum: Die stärksten Profis fahren für europäische Mannschaften, und im Heimatmarkt fehlt eine Identifikationsfigur im Teamformat. Modern Adventure soll diese Lücke schließen – mit langfristiger Struktur, nicht mit kurzfristigen PR-Einsätzen.
Der Rennkalender wird breit gestreut: Europa, Naher Osten, ausgewählte US-Rennen. Criteriums erkennt Hincapie als Unterhaltung an, doch die sportliche Messlatte liegt klar im Straßenradsport und auf europäischem Terrain.

Aufbau statt Hype: fünf Siege als interner Maßstab

Realistisch, nicht großspurig – so beschreibt Hincapie seine Erwartung an die erste Saison. „Fünf Siege wären ein guter Start“, sagt er. Nicht als Marketingversprechen, sondern als Ziel, das die sportliche Entwicklung abbilden soll.
Da das Team im Pro-Kontinental-Sektor startet, sind Einladungen zu großen europäischen Rennen nicht garantiert. Umso wichtiger wird ein konsequenter Aufbauprozess – sportlich, organisatorisch und kulturell.

Leo Hayter als Symbolfigur für die Teamphilosophie

Die Verpflichtung von Leo Hayter ist ein Signal: Modern Adventure will nicht nur Talente finden, sondern sie auch schützen und entwickeln. Der frühere INEOS-Profi und U23-Giro-Sieger legte wegen Depressionen eine Pause ein; nun wagt er mit 22 Jahren den Neustart.
Hincapie holte dafür Bobby Julich ins Team – einen erfahrenen Performance Director mit Feingefühl und sportlicher Expertise.
„Wir werden alle daran arbeiten, den Druck zu reduzieren und ihm die besten Mittel zu geben“, sagt Hincapie. „Das Ziel ist nicht nur seine Rückkehr – sondern eine Rückkehr auf Topniveau.“
Für Hincapie verkörpert Hayter genau das, was Modern Adventure sein soll: ein Projekt mit Verantwortung statt reinem Leistungsdenken.

Eine neue Identität statt alter Schatten

Für Hincapie fühlt sich dieser Schritt an wie der Tag, an dem er mit 19 Jahren seinen ersten Vertrag in Europa unterschrieb: aufregend, neu, ein wenig furchteinflößend – aber richtig.
Er sagt klar: Modern Adventure ist kein Reboot der US-Postal-Ära, kein nostalgischer Rückblick, kein Seitenprojekt im Schatten Armstrongs. Sondern ein eigenständiger Versuch, im US-Radsport ein echtes Spitzenprogramm aufzubauen.
Der Anspruch steht – und die Radsportwelt hat ein neues amerikanisches Projekt, das man ernst nehmen sollte.
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