„Das geht völlig am Thema vorbei“ – Chris Horner kontert Plugges Kritik an der Tour-Strecke 2026

Radsport
Freitag, 24 Oktober 2025 um 15:00
2025-10-24_13-32_Landscape
Der frühere Grand-Tour-Sieger und heutige YouTube-Analyst Chris Horner hat sich in seiner neuesten Videoanalyse scharf gegen die Aussagen von Richard Plugge, dem Teamchef von Visma | Lease a Bike, gestellt. Plugge hatte die Eröffnungsetappe der Tour de France 2026 – ein 19 Kilometer langes Mannschaftszeitfahren in Barcelona – als „nicht wirklich ein Mannschaftszeitfahren“ kritisiert. Horner hingegen sieht darin Innovation statt Problem.
„Ich mag dieses Interview überhaupt nicht“, sagte Horner auf seinem YouTube-Kanal. „Warum braucht man vier oder fünf Fahrer, die gemeinsam ins Ziel kommen? Warum nicht alle acht? Ich mag es, wenn man das Rennen variiert – das bringt neue strategische Ebenen. Es als ‘eine große Ausreißergruppe’ zu bezeichnen, geht völlig am Thema vorbei.“

„Visma darf sich auf der ersten Etappe nicht selbst zerstören“

Horner, der selbst über Jahre bei der Tour de France aktiv war, nahm Plugges Argumentation gründlich auseinander. Für ihn ist das Mannschaftszeitfahren in Barcelona eine taktische Herausforderung, keine Gefahr. „Visma kann nicht in die erste Etappe gehen und sie wie ein Lead-out fahren“, warnte er. „Wenn du das machst, zerstörst du dein Team, bevor die Tour überhaupt richtig begonnen hat.“
Der 52-jährige Amerikaner riet stattdessen zu einem vorsichtigen Ansatz: „Es ist besser, ein paar Sekunden auf Pogacar zu verlieren, als das Team zu verlieren. Du willst Jonas, Sepp, Yates und Van Aert alle in Schlagdistanz halten. Dann hast du später im Rennen taktische Optionen.“
Nach Ansicht Horners könnte die Auftaktetappe sofort zeigen, wie tief Visma nach dem Abgang von Primoz Roglic und den Nachwehen des Vuelta-Dramas 2023 tatsächlich aufgestellt ist. „Seit der Vuelta 2023 sind sie ein einziges Chaos – Stürze, Krankheiten, Unruhe im Team“, sagte Horner deutlich. „Kuss ist solide, aber nicht mehr der Fahrer, den wir damals gesehen haben.“

Lob für Pogacar, Warnung an Red Bull – BORA – hansgrohe

Horner erinnerte auch an Jonas Vingegaards überragende Leistung im Zeitfahren der Tour 2023 – ein Tag, an dem er „auf einem anderen Planeten“ gefahren sei. „Wenn Jonas dieses Niveau wieder erreicht, bekommen wir 2026 ein richtiges Duell zwischen ihm und Pogacar“, meinte Horner. Doch aktuell sieht er Tadej Pogacar im Vorteil: „Die Tour 2026 scheint wie für ihn gemacht.“
Neben Visma nahm Horner auch das neue Superteam Red Bull – BORA – hansgrohe unter die Lupe. Mit Remco Evenepoel und Primoz Roglic im Aufgebot sieht er dort ein enormes, aber heikles Kräfteverhältnis. „Sie haben Feuerkraft ohne Ende – Evenepoel, Roglic, Hindley, Martinez, Vlasov – aber können sie alle gleichzeitig bei 100 Prozent sein?“, fragte er. „Remco ist ein Zeitfahrmonster, aber an den Anstiegen kann er Roglic nicht abhängen. Sie müssen zusammenbleiben.“
Zugleich äußerte Horner Zweifel an Roglics Rückkehr zur alten Stärke: „Seit seinen Stürzen beim Giro 2025 haben wir ihn nicht mehr in Topform gesehen. Wenn er erneut ausfällt, wird die Teamdynamik schnell zum Problem.“

„Der erste Bergtest wird taktisch, nicht explosiv“

Die erste Bergankunft auf der dritten Etappe bewertet Horner eher als taktischen als als explosiven Test. Mit einer durchschnittlichen Steigung von 6,5 Prozent begünstige sie Teams, die das Tempo kontrollieren, anstatt Solisten mit Attackenlust. „Das nimmt Pogacars größten Vorteil weg“, erklärte er. „Aber wenn UAE früh einen wichtigen Helfer wie Almeida verliert, könnten sie verwundbar werden.“

Pogacars Bühne: die dritte Woche

Besonderes Augenmerk legt Horner auf das Einzelzeitfahren der 16. Etappe, das leicht ansteigend verläuft und Pogacars Ausdauer perfekt entgegenkommt. „Remco baut in der dritten Woche ab, während Pogacar stärker wird. Wenn es eine Zeitfahr-Etappe gibt, die er gewinnen wird, dann diese“, sagte er.
Das große Finale mit zwei Auffahrten zur Alpe d’Huez an aufeinanderfolgenden Tagen sieht Horner als Höhepunkt der Tour 2026: „Das wird spektakulär – ein echtes Zittern bis zum letzten Tag.“

„Die Tour wird nie durch Sekunden gewonnen“

In seinem Fazit fand Horner klare Worte an Plugge und dessen Team: „Das Mannschaftszeitfahren wird entscheidend sein. Kommt gesund an, bleibt zusammen und geratet nicht in Panik wegen ein paar Sekunden auf Pogacar. Wie Jonas Vingegaard immer sagt: Die Tour de France wird nie durch Sekunden gewonnen – sie wird durch Minuten entschieden. Also fahr dein Team lieber ein bisschen langsamer, Richard Plugge, und gib dir selbst die Chance, später im Rennen taktisch zu gewinnen.“
Klatscht 0Besucher 0
loading

Gerade In

Beliebte Nachrichten

Loading