„Man gewinnt nicht jeden Tag auf der Alpe d’Huez“ – Bernard Hinault über Pogacar, Seixas und die Magie des Kultbergs

Radsport
Freitag, 24 Oktober 2025 um 14:30
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Bernard Hinault bleibt auch mit 70 Jahren eine der prägendsten Stimmen des französischen Radsports. Der letzte heimische Tour-de-France-Sieger spricht mit der Autorität eines Mannes, der weiß, wie sich Triumph und Schmerz in den Alpen anfühlen. 1986 feierte er auf der Alpe d’Huez seinen letzten Etappensieg – ein Moment, der sich in das kollektive Gedächtnis des Radsports eingebrannt hat.
„Ich bin die Strecke schon mehrmals gefahren und habe dort einmal mit Greg LeMond gewonnen“, erinnerte sich Hinault im Gespräch mit Cyclism’Actu. „Er trug das Gelbe Trikot, aber ich habe ihm den Sieg nicht geschenkt – auf der Alpe d’Huez gewinnt man nicht jeden Tag. Und es war schließlich mein letztes Jahr.“ Das Bild der beiden Teamkollegen, die Hand in Hand den Zielstrich überqueren, wurde bei der Streckenpräsentation der Tour 2026 noch einmal gezeigt – ein ikonischer Moment der Tourgeschichte.
„Es ist sehr selten, dass zwei Teamkollegen gemeinsam in Alpe d’Huez ankommen – der eine im Gelben Trikot, der andere direkt dahinter. Das war etwas ganz Besonderes“, sagte Hinault weiter. Zuletzt war der legendäre Anstieg 2022 im Programm, als Tom Pidcock aus einer Ausreißergruppe triumphierte und Tadej Pogacar sowie Jonas Vingegaard um das Gelbe Trikot kämpften. 2026 dürfte es erneut zu einem Schlagabtausch der Giganten kommen – diesmal vielleicht mit neuen Protagonisten, aber derselben mythischen Kulisse.
Dass die Alpe d’Huez gleich zweimal in einer Tour bezwungen wird, überrascht Hinault indes nicht: „Wir haben das schon einmal gemacht, man darf das nicht vergessen. Damals sind wir sie zwei Tage hintereinander gefahren. Dieses Mal sind es zwei verschiedene Routen – einmal die klassische Auffahrt, einmal über den Sarenne-Anstieg von hinten. Diesen kenne ich zwar nicht, aber es wird ein großer Radsporttag werden.“
Taktische Geheimnisse wollte „der Dachs“ nicht preisgeben, doch sein Ratschlag ist typisch Hinault – kurz, klar und kompromisslos: „Man muss vorne sein, das ist alles. Man darf sich nicht überraschen lassen. Wenn du in Alpe d’Huez gewinnen willst, darfst du keinen entkommen lassen – dann läuft es gut.“

Pogacar und Seixas im Fokus

Über die Favoriten der kommenden Tour hat Hinault eine eindeutige Meinung. Für ihn führt kein Weg an Tadej Pogacar vorbei. „Ich denke, die Tour ist wie für ihn gemacht. So, wie er im Moment dominiert, sehe ich niemanden, der ihm gefährlich werden kann – es sei denn, ein Zwischenfall passiert.“
Auch zur vielleicht größten französischen Hoffnung, Paul Seixas, bezieht Hinault klar Stellung. „Meiner Meinung nach sollte er noch nicht die Tour fahren. Es ist besser, wenn er sich auf den Giro d’Italia oder die Vuelta a España konzentriert. Dort warten große Herausforderungen – und danach kann er sich ein wenig entspannen.“
So spricht ein Mann, der weiß, was es bedeutet, die Tour zu gewinnen – und der sich sicher ist, dass es eines Tages wieder einem Franzosen gelingen wird. Nur eben nicht 2026.
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