„Angliru ist ein Anstieg, bei dem Helfer wenig zählen“ – Johan Bruyneel und Spencer Martin über UAE-Taktik vor der 13. Etappe

Radsport
durch Nic Gayer
Freitag, 05 September 2025 um 13:00
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Juan Ayuso stellte die 12. Etappe der Vuelta a Espana auf den Kopf: Er löste sich aus einer riesigen Ausreißergruppe und bescherte dem UAE Team Emirates - XRG bereits den fünften Etappensieg dieses Rennens. Im Podcast The Move analysierten Johan Bruyneel und Spencer Martin, wie eine Gruppe von über 50 Fahrern freie Fahrt bekam, während die Favoriten der Gesamtwertung Kräfte für den brutalen Angliru am Folgetag sparten. UAE setzte dabei auf Marc Soler, der Ayuso am letzten Anstieg lancierte. Nur Javier Romo (Movistar) konnte noch mithalten – doch im Sprint unterlag er dem Spanier.

Eine Ausreißergruppe fast so groß wie das Peloton

Schon früh war die Etappe geprägt. „Eine riesige Gruppe fuhr weg, mehr als 50 Fahrer. Zuerst waren es 38, und innerhalb von zehn Minuten über 50 – fast die Hälfte des Feldes“, erklärte Bruyneel. Mit dieser Feuerkraft an der Spitze ordnete Visma - Lease a Bike das Rennen, während Movistar mit fünf Fahrern klar machte, dass sie auf den Etappensieg aus waren.
Die GC-Fahrer hielten sich bewusst zurück. „Alle wissen, dass morgen der Tag ist, an dem man Energie sparen muss“, so Martin. Als Soler am Schlussanstieg das Tempo verschärfte, konnte nur Romo zu Ayuso aufschließen. „Auf den letzten zwei Kilometern war Romo sogar gleich stark, wenn nicht etwas besser. Ayuso spürte das und setzte alles auf den Sprint.“
Ayuso gewann, die UAE sammelten Sieg Nummer fünf. Bruyneel zeigte sich beeindruckt: „Zwei Etappensiege für Ayuso, fünf für das Team bei zwölf Etappen – das ist schon bemerkenswert. Man kann kritisieren, was man will, aber mit dieser Bilanz steuern sie auf das Podium zu.“

Risiko für Almeida?

Die Strategie wirft dennoch Fragen auf: Opfert UAE mit solchen Ausreißeraktionen wertvolle Unterstützung für Joao Almeida im Kampf um die Gesamtwertung? Bruyneel sieht es gelassen: „Am Angliru machen Helfer wenig Unterschied. Almeida fährt ohnehin sein eigenes Tempo – und das ist für jeden Teamkollegen zu schnell.“
Martin war skeptischer: „Als es passierte, fand ich es lächerlich. Soler war gestern schon aktiv, heute wieder. Almeida braucht morgen Hilfe, um in Position zu sein. Aber wenn sie am Ende mit sieben Etappensiegen und Platz zwei nach Madrid fahren, ist es trotzdem ein Erfolg.“

Spannungen im Team?

Für Gesprächsstoff sorgten auch Ayusos Social-Media-Posts. Nach dem Sieg dankte er lediglich Marc Soler, nicht aber dem gesamten Team. Bruyneel deutete das als Zeichen interner Spannungen. Auch Pedro Delgado meldete sich zu Wort: „Du willst gehen, hast einen mehrjährigen Vertrag, und das Team lässt dich ziehen. Sei dankbar – und kritisiere nicht öffentlich.“

Bitteres Ende für Romo

Für Movistar blieb der Tag zwiespältig. Romo fuhr stark, überstand den Schlussanstieg mit Ayuso und hielt die Verfolger auf Distanz. Doch im Sprint unterlag er. Lob gab es dennoch: Der Ex-Triathlet, erst seit 2020 im Radsport, bestätigte mit dieser Leistung sein enormes Potenzial.

Alle Blicke auf den Angliru

Nun richtet sich alles auf die 13. Etappe mit dem legendären Angliru. Martin beschrieb das Profil: „Eine erste Kategorie, dann 5,5 km mit 8,8 %, und am Ende 13 km mit 10 % im Schnitt. Die letzten zwei Drittel fast komplett über 12 %, Kilometer mit 17 % im Schnitt.“
Bruyneel erinnerte an 2020, als ein noch unbekannter Jonas Vingegaard hier erstmals glänzte: „Da wussten wir, dass er ein außergewöhnliches Talent ist.“ Sein Tipp: „Ich setze auf Jonas.“ Martin hingegen erwartet Almeida vorn und nennt auch Tom Pidcock als leichten Kletterer mit Chancen.
Am Ende bleibt die Frage: Ist die UAE-Taktik genial oder riskant? Martins Fazit bringt es auf den Punkt: „Vielleicht ist Almeida morgen fantastisch und wir sagen: ‘Deshalb haben sie es so gespielt. Sie sind Genies – und wir lagen falsch.’“
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