„An uns werden andere Maßstäbe angelegt“ – Geraint Thomas kritisiert Umgang von INEOS mit Doping-Vorwürfen

Radsport
Mittwoch, 08 Oktober 2025 um 14:00
Geraint Thomas
Das Team Sky, später als INEOS Grenadiers bekannt, prägte die Grand Tours der 2010er Jahre wie kein anderes Team. Mit Siegen von Bradley Wiggins, Chris Froome und Geraint Thomas dominierte die britische Mannschaft das Jahrzehnt – doch alte Schatten holen sie wieder ein. Als in diesem Jahr bekannt wurde, dass David Rozman, ein langjähriger Mitarbeiter des Teams, enge Verbindungen zu Mark Schmidt unterhielt – dem deutschen Arzt im Zentrum der „Operation Aderlass“ –, entfachte dies eine neue Welle der Spekulationen.
Schmidt war 2021 zu einer Haftstrafe von vier Jahren und einem Monat verurteilt worden. Seine mutmaßlichen Kontakte zu Rozman sollen bereits 2012 stattgefunden haben – just in jenem Jahr, in dem Team Sky mit Wiggins und Froome einen historischen Doppelsieg bei der Tour de France feierte. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde Rozman von der diesjährigen Tour ausgeschlossen. Das Team reagierte mit einer knappen Stellungnahme, bekräftigte seine Null-Toleranz-Politik und betonte, dass Rozman mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeite.
Geraint Thomas, Tour-de-France-Sieger von 2018, kritisierte jedoch den Umgang des Teams mit der Situation. „Es war nicht toll, wie das Team damit umgegangen ist“, sagte er im Gespräch mit The Guardian. „Aber es ist schwierig, einen Arzt zu finden, der schon lange im Radsport tätig ist. Ich sage nicht, dass sie alle zwielichtig sind, aber wenn jemand seit 15 Jahren dabei ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er irgendwann eine Verbindung hatte.“
Thomas machte deutlich, dass die ständige Konfrontation mit alten und neuen Vorwürfen auch an den Fahrern nicht spurlos vorbeigeht. „Es war hart, all die Dinge mitzuerleben, die im Laufe der Jahre mit dem Team passiert sind. Aber als Fahrer kann man sich nur auf sich selbst und das nächste Rennen konzentrieren.“
Der Waliser zeigte sich zugleich überrascht, wie schnell sich die Nachricht verbreitete – und wie stark die öffentliche Reaktion ausfiel. „Ich war nicht überrascht, dass er jemanden kannte, der sich später als verdächtig herausstellte. Aber nur weil man jemanden kennt, heißt das nicht, dass man schuldig ist. Ich war überrascht, wie schnell das Ganze aufflog und wie schlechte Presse er bekam.“
Thomas sieht in der Berichterstattung auch ein Muster: „Ich denke, man hätte das intern prüfen können, ohne dass alles öffentlich geworden wäre. Wenn man sich andere Teams genauso genau anschaut, würden viele Fragen aufkommen. Es zeigt, dass an uns andere Maßstäbe angelegt werden als an viele andere Teams.“
Geraint Thomas
Geraint Thomas verabschiedete sich bei der Tour of Britain aus dem Profiradsport. @SWpix.com
Der Fall wirft erneut ein Schlaglicht auf die sensible Geschichte des britischen Radsports, der nach den Erfolgsjahren von Sky immer wieder mit alten Dopingvorwürfen konfrontiert wurde. Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen – doch eines steht fest: Der Schatten der Vergangenheit liegt wieder über einem der erfolgreichsten Teams des vergangenen Jahrzehnts.
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