Emporia, Kansas – eine Kleinstadt mit knapp 24.000 Einwohnern – verwandelt sich am Samstag, dem 31. Mai, erneut in das pulsierende Zentrum der Gravel-Welt. Dann steht das
UNBOUND Gravel an, das legendärste Schotterrennen der Szene. Tausende Amateure, Profis, Betreuer und Fans strömen in die weiten, zerklüfteten Flint Hills. Für viele ist es mehr als ein Rennen – es ist ein Ritual.
Das Massenstartformat unterstreicht die rauen, unvorhersehbaren Reize des Gravel-Sports. Während das Elitefeld um 5:50 Uhr Ortszeit losrollt, folgen tausende Fahrer zehn Minuten später. Und obwohl die Veranstaltung nie nur ein Schaulaufen großer Namen war, stehen in diesem Jahr wieder einige prominente Akteure am Start.
Einer von ihnen:
Tom Dumoulin. Der Niederländer, inzwischen zurückgetreten vom WorldTour-Rennbetrieb, wagt sich auf neues Terrain. Die Vorbereitung lief jedoch nicht reibungslos – bei der Streckenerkundung stürzte er und postete auf Instagram: „Es endete sehr schlecht, ein dummer Ausrutscher in einer Kurve.“
Mohoric konnte UNBOUND im Jahr 2024 nicht meistern
Auch
Greg van Avermaet steht erneut an der Startlinie – mit klaren Ambitionen. Der 40-Jährige Olympiasieger und frühere Tour-Etappensieger hatte 2024 bei seinem UNBOUND-Debüt mit drei Reifenpannen und Defekten zu kämpfen, kämpfte sich aber auf Rang sieben zurück. In diesem Jahr will er mehr: „Am Ende war ich ziemlich glücklich über den siebten Platz... Ich hätte mit denselben Beinen und zwei Platten auch 15. werden können.“
Van Avermaet glaubt, dass ihm die schiere Länge von UNBOUND entgegenkommt: „Ich habe das Gefühl, dass ich bei Gravelrennen umso besser fahre, je länger sie sind. Vielleicht liegt mir dieses Rennen sogar besser, je älter ich werde – einfach wegen der vielen Kilometer, die ich in den Beinen habe.“
Mit einem eigenen Team – GVA Gold – geht er an den Start. Neben ihm fahren der frühere Fußballprofi Jelle Van Damme sowie der junge Julian Siemons, der 2024 mit Platz sechs bei Ranxo Gravel auf sich aufmerksam machte. „Es ist cool, einen etwas jüngeren Fahrer dabei zu haben, dem wir unsere Erfahrung weitergeben können“, sagt van Avermaet. „Wenn er einen guten Tag hat, traue ich ihm eine Top-20-Platzierung zu.“
Für den Belgier zählt aber nicht nur das Resultat – der Gemeinschaftsaspekt ist ihm ebenso wichtig. „Ich denke, man kann nicht alleine fahren – das ist das Großartige an UNBOUND“, betont er. „Der siebte Platz war nicht nur mein Verdienst, sondern auch der der Menschen, die sich die ganze Woche um mich gekümmert haben. Alles hat gestimmt: die Verpflegung, das Reinigen der Räder, die Ernährung.“
Er vergleicht die Erfahrung mit der bei einem WorldTour-Rennen. „Es ist ein ähnliches Gefühl wie damals – man erreicht seine Ziele nur, wenn das Team stimmt.“
UNBOUND zieht nicht nur Stars an, es stellt sie auch bloß. Ex-Gravel-Weltmeister Matej Mohoric musste das Rennen 2024 nach einem Felgenbruch aufgeben. Seine Bilanz danach: lieber wieder Straße.
Denn die Flint Hills verzeihen nichts. Mechanische Defekte, Gegenwind, die brutale Länge – UNBOUND ist ein Kampf gegen sich selbst und das Gelände. Doch genau das macht den Mythos dieses Rennens aus. Und Fahrer wie Van Avermaet kehren nicht trotz, sondern wegen dieser Härte immer wieder zurück.