„Wir sind das einzige Team, das es mit Tadej Pogacar aufnimmt“ – Matteo Jorgenson an die Kritiker von Visma: „Wie sähe die Tour de France aus, wenn wir nicht dabei wären?“

Radsport
Dienstag, 02 Dezember 2025 um 16:15
TadejPogacar_JonasVingegaard_MatteoJorgenson
Matteo Jorgenson hat die offensive Marschroute von Team Visma | Lease a Bike bei der Tour de France 2025 energisch verteidigt. Im Domestique Hotseat-Podcast reagierte der US-Amerikaner auf Kritik an Vismas aggressiven Manövern gegen Tadej Pogačar – und stellte klar, dass das niederländische Team über drei Wochen hinweg der einzige ernsthafte Störfaktor für den Dominator der Rundfahrt war.
„Manche Leute behaupten, einige unserer Taktiken seien sinnlos gewesen. Aber wie sähe die Tour aus, wenn wir als Team nicht da wären? Oft sind wir die Einzigen, die versuchen, es ihm schwer zu machen“, sagte Jorgenson.
Es war eine der offensten Nachbetrachtungen aus der Visma-Reihe – und ein Einblick in die Realität eines Teams, das gegen einen nahezu unantastbaren Gegner anrannte.

„Wir haben jede Karte gespielt“ – und keine Lücke gefunden

Jorgenson beschönigte nichts: Visma wusste, dass ein klassisches Bergduell gegen Pogacar kaum Erfolgsaussichten bot. Also suchten sie Alternativen – frühe Tempoverschärfungen, Druckphasen auf unerwartetem Terrain, Teamüberzahl in selektiven Abschnitten.
„Wir haben jede Karte gespielt. Denn es ist unwahrscheinlich, dass man ihn Mann gegen Mann in einer normalen Situation schlägt“, sagte er. Ziel war es, Pogacars Rhythmus in den ersten zehn Tagen zu brechen und vielleicht eine kleine Schwäche offenzulegen.
Doch die kam nie. „Wir suchten nach einer Schwäche – und fanden keine. Er fuhr ein komplettes Rennen, abgesehen von dem Sturz, den wir nicht ausnutzten.“
Die Tour 2025 zeigte einen Pogacar, der auf jeder Etappe Kontrolle ausstrahlte. Jorgenson sagt offen: Ohne Vismas Interventionen wäre das Rennen früh in eine Einbahnstraße geraten.

Eigenes GC-Pech: Lungenentzündung stoppt Jorgensons Höhenflug

Dass Jorgenson selbst nicht länger im GC mitmischte, lag nicht an Form oder Taktik, sondern an Krankheit.
„Am ersten Ruhetag wurde ich richtig krank, mit einer Lungeninfektion. In den Hochalpen hatte ich dann einfach nichts mehr“, sagte er.
Bis dahin lag er zeitweise auf Rang fünf – ein Bestwert, der seine starke erste Woche bestätigte. Am Ende wurde es Platz 19.
Trotzdem blieb der Respekt vor Pogacar riesig. „Er ist bei weitem der beste Radfahrer, den ich je habe Rennen fahren sehen. Für den Sport ist das großartig. Aber als Gegner suchst du immer nach Schwächen. Und wenn du keine findest, wäre die Tour ziemlich langweilig.“

Pogacars Knieproblem? Für Jorgenson unerheblich

Nach der Tour wurde bekannt, dass Pogacar in der Schlusswoche ein Knieproblem gemanagt hatte. Für Jorgenson änderte das nichts am Kräfteverhältnis.
„Sein Vorsprung war so groß, dass er selbst mit größeren körperlichen Problemen die Tour gewonnen hätte“, sagte er. „Wenn er wirklich unter Druck stand – chapeau.“

Ein Trostpreis mit Goldenem Rand: Van Aerts Triumph in Paris

Einer der emotionalen Höhepunkte für Visma kam am letzten Tag. Die neu gestaltete Schlussetappe Montmartre–Champs-Élysées endete mit einem brillanten Solo-Sprint von Wout van Aert – und einem Moment, den Jorgenson als Karriere-Manko­ment beschreibt.
„Das werde ich nicht vergessen. Die Art, wie Wout gewann, nachdem er den Gelben am Montmartre distanziert hatte – ich sah alles von ein paar Meter dahinter. Ich war super happy für Wout“, sagte er.
Es war ein erlösender Abschluss einer Tour, in der Pogacar unerreichbar blieb, Visma aber dennoch Akzente setzte.

Klarer Blick nach vorn: Der Glaube lebt weiter

Am Ende seines Rückblicks blieb Jorgenson kämpferisch. Visma habe alles versucht, Pogacar sei schlicht zu stark gewesen – doch das bedeute keine Kapitulation.
„Wir haben gegen einen besseren Fahrer verloren, wirklich einen deutlich besseren. Aber wir haben als Team trotzdem Dinge erreicht. Und wir kommen wieder.“
Mit dieser Ehrlichkeit liefert Jorgenson eine seltene Mischung aus Selbstkritik, Respekt und Kampfgeist – die Essenz eines Teams, das weiß, dass es wieder gegen einen Titanen antreten muss.
Und das trotzdem überzeugt bleibt, dass der nächste Versuch lohnt.
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