Zweimal in Folge ist die niederländische Frauen-Nationalmannschaft an
Lotte Kopecky gescheitert – eine Niederlage, die in einem Land mit so viel Radsport-Dominanz besonders schmerzhaft ist. Die Gründe? Viel wird über fehlende Hierarchie, unklare Rollenverteilung und interne Spannungen spekuliert. Nationaltrainer
Laurens ten Dam weiß, dass seine Zukunft am seidenen Faden hängt. „Wenn es in Ruanda nicht klappt, bin ich erledigt“, sagt er im Podcast von WielerFlits.
Was sich schon bei den Olympischen Spielen in Tokio andeutete, ist mittlerweile ein handfestes strukturelles Problem: Starke Einzelcharaktere – von Vollering über Vos bis Markus – treffen auf eine Teamtaktik, die häufig nicht greift. Der Vorwurf: Jede fährt ihr eigenes Rennen.
Ten Dam gibt sich selbstkritisch – und zugleich kämpferisch. „Wenn die Taktik nicht funktioniert, ist das meine Verantwortung“, betont er. „Wenn eine Fahrerin vorne fährt, obwohl es komisch aussieht – und ich habe ihr genau das gesagt –, dann bin ich dafür verantwortlich.“ Damit nimmt er seine Stars aus der Schusslinie und stellt klar: Er ist bereit, sich an seinen Entscheidungen messen zu lassen.
Die
Weltmeisterschaft in Zürich 2024 war symptomatisch für die Misere. Mit Vollering, Vos und Markus lagen drei Niederländerinnen in der vorletzten Runde aussichtsreich im Rennen. Doch anstatt taktisch clever die Überzahl auszuspielen, attackierte Vollering in einem unpassenden Moment – und distanzierte ausgerechnet ihre eigenen Teamkolleginnen. Der Angriff verpuffte, der Titel ging wieder an Kopecky.
„Letztes Jahr war auch ein seltsames Jahr für Demi“, sagt Ten Dam rückblickend. „Die Tour ging verloren, die Klassiker liefen nicht wie erhofft. Vielleicht wollte sie in Zürich ihre ganze Saison retten. Wenn sie 2025 schon vorher Rennen gewinnt, wird der Druck kleiner sein – und die Entscheidungen klarer.“
Doch auch der Trainer spart nicht mit Kritik am Gesamtprozess: „Es war nicht nur Demi. Die Taktik, auf die sich die Fahrerinnen geeinigt haben, war nicht die richtige. Und niemand hat widersprochen. Das darf nicht mehr passieren. Man darf nicht ‚Ja‘ sagen und innerlich ‚Nein‘ denken.“
Für Ten Dam beginnt in Vorbereitung auf Olympia in Ruanda ein Neuanfang – mit klaren Regeln. „Jede fängt bei Null an. Jede weiß vor dem Rennen, welche Rolle sie hat – und sie muss dieser Rolle zustimmen.“
Die kommenden Monate entscheiden, ob das niederländische Frauen-Nationalteam die Kurve kriegt – oder ob eine goldene Generation an sich selbst zerbricht.