Thymen Arensman im mentalen Zwiespalt: Ein Talent am Scheideweg

Radsport
durch Nic Gayer
Dienstag, 13 Mai 2025 um 9:30
thymenarensman
Thymen Arensman galt als eine der großen niederländischen Hoffnungen für die Gesamtwertung beim Giro d’Italia 2025. Doch schon auf der ersten Etappe verlor der 25-Jährige überraschend Zeit – nicht nur auf die Top-Favoriten, sondern sogar auf Mads Pedersen. Im Podcast Kop over Kop sind sich Experten einig: Der größte Gegner des talentierten Kletterers ist derzeit nicht das Peloton, sondern sein eigener Kopf.
„Er hat sich einfach verrückt gemacht“, sagt Lars van den Berg, einst Teamkollege Arensmans, mit spürbarem Mitgefühl. „Man hört, dass es diesmal nicht körperlich war, sondern vor allem mental. Als Spitzensportler ist das das Schlimmste – wenn der Kopf blockiert, obwohl der Körper eigentlich bereit ist.“
Auch Ex-Profi Bobbie Traksel sieht die Ursache vor allem im selbst auferlegten Druck. „Er ist kein Opfer medialer Hysterie wie ein belgischer Fahrer. Es ist sein eigener Perfektionismus, der ihn hemmt. Wir reden über ihn, ja, aber er macht sich den meisten Stress selbst.“
Jan Hermsen, der Arensman im vergangenen Jahr über drei Wochen beim Giro begleitete, beschreibt einen jungen Mann, der sichtbar unter dem Erwartungsdruck leidet. „In Rom, als alles vorbei war, war er plötzlich locker, offen – ein sympathischer Typ. Aber während des Rennens? Da stand er ständig unter Hochspannung. Der Dampf kam ihm aus den Ohren.“
Das mentale Muster zieht sich offenbar durch Arensmans Karriere. Van den Berg erinnert sich an die Tour de l’Avenir, bei der Arensman nach seinem zweiten Platz im Vorjahr unter enormem Erwartungsdruck stand – und darunter litt. „Er hat sich das immer selbst schwer gemacht. Schon als Jugendfahrer war dieser übergroße Anspruch an sich selbst zu spüren.“
Besonders bezeichnend ist für Hermsen eine Szene nach einem Etappensieg bei der Tour of the Alps. Arensman habe sich trotz des Erfolgs im Interview eher klein gemacht. „Er sagte sinngemäß: ‚Michael Storer ist momentan besser als ich.‘ So ein Satz wäre Remco Evenepoel nie über die Lippen gekommen.“
Die Experten sehen in diesem Selbstzweifel das größte Hindernis auf dem Weg zur Spitze. Der Vergleich mit Tom Dumoulin liegt nahe – auch der kämpfte oft mit dem inneren Druck, trotz äußerem Erfolg.
Die Frage bleibt: Schafft es Arensman, sich von seinen mentalen Ketten zu befreien, bevor sie ihm die Karriere zerschneiden? Noch ist Zeit, aber sie läuft.
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