Kaum ein anderer hat den Wandel des modernen Radsports so deutlich auf den Punkt gebracht wie
Patrick Lefevere. In seiner Kolumne für Het Nieuwsblad spricht der langjährige
Soudal - Quick-Step-Teammanager offen über die Herausforderungen seines Teams beim Giro d’Italia 2025 – und spart nicht mit klaren Worten.
„Letztes Jahr haben wir beim Giro vier Etappen gewonnen, jetzt sind wir bei null. Seien wir ehrlich: Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Rom anders sein wird“, so Lefevere nüchtern. Ein wesentlicher Grund dafür sei die Entwicklung der Streckenprofile: weniger Sprints, mehr Berge, mehr Möglichkeiten für Allrounder und Kletterer – deutlich weniger für klassische Sprinter.
Den Wendepunkt für sein Team sieht Lefevere gleich zu Beginn des Rennens: „Unser Giro war so gut wie vorbei, als
Mikel Landa auf der ersten Etappe stürzte.“ Ohne ihren Kapitän musste sich das Team auf Etappenerfolge konzentrieren – doch auch das erwies sich als schwierig.
Besonders
Paul Magnier, der erst 21-jährige Sprinter, geriet ins Blickfeld. Lefevere verteidigt den jungen Franzosen entschieden: „Natürlich haben wir Paul, aber er weiß, dass der Giro nicht der Etoile de Bessèges ist. Das ist keine Kritik – er ist jung, fährt seine erste Grand Tour und macht hier wichtige Erfahrungen.“
Magnier zeigte trotz allem Kampfgeist: Nach einem schweren Sturz auf der Etappe nach Napoli sprintete er auf Platz drei – ein Achtungserfolg. „Gut gemacht“, lobt Lefevere. Auch in Nova Gorica bekommt er eine weitere Chance – allerdings gegen ein hochklassiges Feld.
Rückschläge blieben nicht aus. Auf der 12. Etappe verlor Magnier im Finale durch ein Schlagloch seine Kette – am Ende wurde er trotzdem Achter. „Er war sehr enttäuscht. Aber wir müssen wirklich den Hut vor ihm ziehen. Gleichzeitig war es natürlich auch eine verpasste Chance.“
Neben dem Sprinter hatte das Team auf andere Karten gesetzt, doch auch das verlief unglücklich: Mattia Cattaneo hatte kein Glück mit Ausreißversuchen, Josef Černý verletzte sich beim Massensturz auf der achten Etappe, Ethan Hayter und Cattaneo trafen im Zeitfahren auf zu starke Konkurrenz.
Lefevere sieht den Giro insgesamt als symptomatisch für eine tiefgreifende Veränderung: „Wäre
Mario Cipollini heute ein Fahrer gewesen, hätte er seine 42 Giro-Siege nie erreicht. Mit ein bisschen Glück hatten wir drei flache Etappen. Ansonsten gibt es immer einige Erhöhungen – und dann ist Mads Pedersen, der in der Form seines Lebens ist, unschlagbar.“
Für Magnier wird der Giro bald zu Ende sein: „Theoretisch wird er das Rennen am Montag, dem Ruhetag, verlassen. An diesem Punkt seiner Karriere sind zwei Wochen mehr als genug“, sagt Lefevere – ehrlich, realistisch und mit einem Blick auf das große Ganze.