Von Kolumbiens Gefahren zu Ruandas Premiere: Die Straßen-WM im Wandel der Zeiten

Radsport
Sonntag, 21 September 2025 um 14:26
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Heute beginnen die Weltmeisterschaft in Ruanda – ein Meilenstein für den internationalen Radsport, denn erstmals findet das größte jährliche Ereignis des Pelotons auf afrikanischem Boden statt. Das Eröffnungszeitfahren in Kigali bildet den Auftakt zu einer historischen Woche. Gleichzeitig ruft dieser Moment eine andere Gelegenheit in Erinnerung, als der Radsport schon einmal seine traditionellen europäischen Grenzen überschritt: 1995 reiste das Peloton zur Weltmeisterschaft nach Duitama in Kolumbien, ein Ereignis, das allen Beteiligten bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben ist.

Breukinks Rückblick auf eine WM im Schatten der Unsicherheit

Der niederländische Profi Erik Breukink, der damals am Start stand, sprach mit der Wieler Revue über die einzigartige, aber auch angespannte Atmosphäre in Kolumbien. Der Hintergrund war von politischer Spannung und Unsicherheit geprägt. Pablo Escobar war weniger als zwei Jahre zuvor getötet worden, und nur wenige Monate vor den Weltmeisterschaften wurden die Anführer des Cali-Kartells verhaftet. Gleichzeitig waren Guerillagruppen wie die FARC und die ELN aktiv – Entführungen stellten für Fahrer und Betreuer eine ganz reale Gefahr dar.
„Bei der Razzia war nicht nur ein Soldat mit einem Maschinengewehr dabei, sondern man sah überall Soldaten mit Maschinengewehren – das war die Situation, in der wir uns befanden. Man durfte nicht allein auf die Straße gehen, weil man Angst hatte, dass jemand von einer bestimmten Gruppe entführt werden könnte“, erinnert sich Breukink.
Er gibt zu, dass es schwer war, die landschaftliche Schönheit Kolumbiens mit der ständigen Atmosphäre der Bedrohung in Einklang zu bringen:
„Es ist ein wunderschönes Land, aber es war trotzdem seltsam, ständig von Soldaten umgeben zu sein. Wir blieben hauptsächlich im Hotel, weil man nicht einfach in die Stadt gehen konnte. Ich habe nicht viel erkundet, was über das hinausging, was uns geboten wurde.“

Ein Blick hinter die Kulissen – dank Oliverio Rincón

Breukink fuhr in Duitama an der Seite des kolumbianischen Fahrers Oliverio Rincón, der 1993 eine Etappe der Tour de France gewonnen hatte. Durch ihn erhielt der Niederländer einen ernüchternden Einblick in die Risiken, denen einheimische Sportler ausgesetzt waren:
„In jenem Jahr war ich im Team von Rincón, der bei der Tour de France 1993 eine Etappe gewonnen hatte. Er erzählte mir von Entführungen in seinem Land. Er sagte, dass er es vorzog, im Radsport nicht zu reich zu werden, weil man auch in Kolumbien ein Auge darauf hatte. Je mehr Reichtum, desto mehr war man ein Ziel. Das waren die Dinge, die ich im Vorfeld gehört habe.“
Die WM 1995 in Duitama bleibt für Breukink und viele andere ein unvergessliches Kapitel der Radsportgeschichte – ein Ereignis, das ebenso von sportlicher Begeisterung wie von den politischen Spannungen seiner Zeit geprägt war. Und während heute in Kigali die nächste historische Weltmeisterschaft beginnt, schwingen diese Erinnerungen an Kolumbien leise mit.
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