Das
Team Visma | Lease a Bike hat vergangene Woche einen ungewöhnlichen Neuzugang bestätigt: Ab 1. Oktober wird der 25-jährige
Anton Schiffer das niederländische Spitzen-Team verstärken. Der gebürtige Kölner gilt als Spätstarter im Radsport. Erst im Januar 2023 wechselte er nach Jahren als Triathlet endgültig aufs Rad – Verletzungen durch Überlastung hatten ihn zuvor zum Umdenken gezwungen. Mit Zustimmung seines bisherigen Arbeitgebers BIKE AID erfolgt nun der Sprung in die WorldTour. Für Schiffer geht damit ein Traum in Erfüllung: „Es ist das Ziel eines jeden Conti-Fahrers, den Sprung in die WorldTour zu schaffen. Dass es nun Wirklichkeit wird, macht mich überglücklich“, erklärte er gegenüber In de Leiderstrui.
Sein Aufstieg verlief rasant. „Ich habe mit Triathlon begonnen, aber durch wiederkehrende Laufverletzungen konzentrierte ich mich mehr und mehr auf das Radfahren“, beschreibt Schiffer seinen Werdegang. „Zunächst ohne Plan, dann aber zunehmend strukturiert. Ich schwamm und lief weniger, fuhr dafür immer mehr Rad.“ Bereits 2023 erhielt er die Chance im BIKE AID-Entwicklungsteam, ehe er im August desselben Jahres ins Kontinentalteam aufrückte. Dort setzte er seine Fortschritte sofort fort. Ein fast gelungener WorldTour-Einstieg über die Zwift Academy 2024 bei Alpecin-Deceuninck blieb ihm zwar verwehrt, doch seine Entwicklung machte ihn für große Teams interessant.
Für Visma ist die Verpflichtung eine Investition in ein außergewöhnliches Potenzial. Sportdirektor Grischa Niermann lobte den Neuzugang: „Anton kann sich in allen Bereichen noch stark entwickeln. Er passt charakterlich hervorragend zu uns und hat bereits mit einem Profisieg gezeigt, welches Talent in ihm steckt. Wir freuen uns, dass er ab Oktober für uns fahren wird.“ Schiffer selbst erklärt, dass die ersten guten Resultate 2025 – unter anderem bei der Griechenland-Rundfahrt – die Aufmerksamkeit von Visma geweckt hätten. „Nach diesem Rennen kontaktierte mich das Team. Patrick Broe vom LanterneRouge-Podcast war der Erste, der anrief. Danach folgten Gespräche mit Mathieu Heijboer und Grischa Niermann. Andere Teams waren zwar auch interessiert, aber Visma war immer meine erste Wahl. Nach meinem dritten Platz bei der Deutschen Meisterschaft ging alles schnell, und ich unterschrieb.“
Was Schiffer zusätzlich von anderen Profis unterscheidet, ist sein wissenschaftlicher Hintergrund. Mit einem Master-Abschluss in Bewegungswissenschaften beschäftigt er sich intensiv mit Datenanalysen. „Aerodynamik, Leistungstests, Laktatwerte, Vo2max – das sind Themen, die mich faszinieren. Ich arbeite auch als Trainer für Triathleten, was mir großen Spaß macht. Dass Visma wissenschaftlich arbeitet und viel Wert auf Aerodynamik legt, passt perfekt.“ Seine Kenntnisse seien bereits ein Vorteil gewesen, auch wenn er zugibt: „Bei einem WorldTour-Team gibt es schon viele Experten. Ich weiß, dass es schwieriger wird, mein Wissen einzubringen. Aber bisher hat es mir definitiv geholfen.“
Seine sportliche Ausrichtung sieht Schiffer aktuell bei mittellangen Anstiegen. „Ich bin ein Punchyclimber, Anstiege von rund 20 Minuten liegen mir am meisten. Aber wir werden auch versuchen, mich als GC-Fahrer weiterzuentwickeln – das ist der Plan.“ Gleichzeitig bleibt er realistisch. „Wie viel Potenzial steckt in mir? Das kann niemand vorhersagen. Ich trainiere erst seit einem Jahr mit dem Umfang eines WorldTour-Profis. Mit besserer Ausrüstung, Teamkollegen und Ernährung bei Visma kann ich sicher weitere Schritte machen.“
Mit dem Wechsel zu Visma erfüllt sich für Anton Schiffer ein lange gehegter Traum. Vom verletzungsgeplagten Triathleten zum WorldTour-Profi in weniger als drei Jahren – seine Geschichte zeigt, dass selbst im modernen Radsport noch Platz für ungewöhnliche Karrieren ist.