„Visma ist Visma“ – Filippo Fiorelli über seinen überraschenden WorldTour-Wechsel, neue Chancen und große Motivation

Radsport
Donnerstag, 13 November 2025 um 11:45
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Filippo Fiorelli gehört zu den spannendsten Neuzugängen im Kader von Team Visma | Lease a Bike für die Saison 2026. Nach einem starken Jahr bei Bardiani wagt der 30-jährige Sizilianer den späten, aber prestigeträchtigen Sprung in die WorldTour – ein Transfer, der ihn selbst am meisten überraschte und ihn künftig an der Seite von Wout van Aert und Jonas Vingegaard fahren lässt.

Der unerwartete Anruf

Im Gespräch mit Tuttobiciweb berichtet der in Palermo geborene Fahrer offen über seinen Wechsel und seine ersten Eindrücke vom niederländischen Topteam. „Nach dem Giro d’Italia wurde ich von mehreren Teams kontaktiert. Ich war kurz davor, bei einer guten WorldTour-Mannschaft zu unterschreiben, als mein Agent, Paolo Alberati, anrief und sagte: ‚Visma will dich.‘ Ich dachte erst, er mache einen Scherz. Aber er meinte wirklich das Team von Vingegaard und Van Aert“, erinnert sich Fiorelli.
Nach Jahren als Leader im kleinen Bardiani-Team schien dieser Karrieresprung kaum realistisch. „Wir hatten ein Treffen, und sie sagten, sie würden mir in sieben Tagen eine Antwort geben. Es war die längste Woche meines Lebens“, lacht er. „Das andere Team hatte mir ein gutes Angebot gemacht, aber Visma ist Visma. Nach Meetings, Tests und Untersuchungen kam die Zusage – im August war alles offiziell.“

Stolz auf den eigenen Weg

Fiorelli weiß, dass sein Werdegang alles andere als typisch ist. „Ich komme aus einer einfachen Familie ohne Radsporthintergrund. Niemand hat mich gefördert. Deshalb erfüllt es mich mit Stolz, mit 30 in einem der besten Teams der Welt zu fahren.“
Er ist sich seiner Rolle bewusst – und nimmt sie mit Pragmatismus: „Es wird Leute geben, die sagen, ich fahre nur für andere. Na und? Ich werde für Fahrer arbeiten, die den Giro, die Tour, Sanremo oder Roubaix gewinnen. Ich bin Teil des zweitstärksten Teams der Welt – und man hat mir versprochen, dass ich auch eigene Chancen bekomme.“
Mit Davide Piganzoli, Edoardo Affini und Pietro Mattio bildet Fiorelli nun einen kleinen italienischen Block im Team. Ein Signal, dass Visma verstärkt auf Vielseitigkeit und mannschaftliche Tiefe setzt.

Begeisterung für Vismas Detailkultur

Was Fiorelli besonders reizt, ist der technologische und wissenschaftliche Ansatz des Teams. „Das ist vielleicht der spannendste Aspekt. Ich bin neugierig, wie weit ich mich mit dem besten Material, der besten Ernährung und den besten Trainingsmethoden verbessern kann“, erklärt er. „Seit ich Profi bin, habe ich mich jedes Jahr gesteigert. Ich glaube, mein körperliches Maximum habe ich noch nicht erreicht – auch, weil ich spät in den Sport gekommen bin.“
Er betont, dass ihn vor allem Vismas kompromisslose Fahrweise begeistert: „Immer vorn, immer präsent – das ist ihre Philosophie. In meinen bisherigen Teams war es oft schwierig, in den entscheidenden Momenten ganz vorne zu fahren. Das kostet viel Kraft. Jetzt hoffe ich, genau das zu lernen.“

Warum Visma ihn wollte

Fiorelli überzeugt nicht nur durch seine Ergebnisse, sondern auch durch außergewöhnliche Radbeherrschung. „Sie nannten den Sprint in Salerno beim Giro 2023, als Cavendish stürzte und ich trotzdem auf dem Rad blieb. Oder die Etappe nach Tirana, als ich mit 50 km/h zwischen einer Mauer und einem Laternenpfahl durchkam – mit zehn Zentimetern Platz auf jeder Seite“, erzählt er.
„Konzentration und Radkontrolle sind bei ihnen entscheidend, um die Leader zu schützen. Wer das ganze Jahr gesund bleibt und nicht stürzt, ist Gold wert.“
Neben seiner Helferrolle kann er sich durchaus eigene Freiräume vorstellen. „An einem Tag wache ich als Sprinter auf, am anderen als Kletterer“, sagt er lachend. „Vielleicht fahre ich irgendwann für Matthew Brennan, aber das wird sich zeigen.“

Der Start in die neue Ära

Fiorelli blickt mit Vorfreude auf die kommenden Wochen: „Ende des Monats bin ich bei einer Teamfeier in den Niederlanden. Dort gibt es Materialausgabe und erste Tests. Vom 8. bis 20. Dezember trainieren wir dann in Oliva in Spanien – da beginnt das Abenteuer richtig.“
Trotz hoher Erwartungen bleibt er gelassen. „Ich war 20 Tage ohne Rad, und anfangs habe ich es nicht einmal vermisst – das hat mich fast erschreckt“, gesteht er. „Aber jetzt spüre ich, wie die Lust auf die neue Saison wächst. Ich kann es kaum erwarten. Nur eines muss ich noch verbessern: mein Englisch.“
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