Die kürzlich in Kigali ausgetragene
Weltmeisterschaft – die ersten überhaupt auf afrikanischem Boden – waren ein spektakuläres Ereignis, das aus vielen Gründen in Erinnerung bleiben wird. Vor allem die starken Leistungen der Athletinnen und Athleten, gekrönt von der beeindruckenden Fahrt des neuen Champions Tadej Pogacar, machten das Radsportfest in Ruandas Hauptstadt zu einem besonderen Erlebnis. Für zahlreiche Fans bot sich damit zugleich die einmalige Gelegenheit, anlässlich des größten Radsportereignisses des Jahres neben der Tour de France ein fernes und faszinierendes Land kennenzulernen.
Unter den Gästen befand sich auch die niederländische Radsportlegende
Tom Dumoulin. Der ehemalige Zeitfahrweltmeister folgte einer Einladung der nationalen Tourismusagentur Visit Rwanda, gemeinsam mit früheren Profis wie Simon Geschke und Bram Tankink. Was zunächst wie eine unbeschwerte Entscheidung wirkte – ein paar Tage in neuer Umgebung verbringen und die besten Fahrer der Welt hautnah erleben –, entwickelte sich schnell zu einer kontroversen Diskussion.
In den Niederlanden wurde Dumoulin scharf kritisiert. Vor allem der Journalist Thomas Sijtsma warf ihm vor, dem ruandischen Regime durch seine Teilnahme unbeabsichtigt bei einem Versuch des sogenannten „Sportswashing“ geholfen zu haben.
Dumoulin selbst reagierte zurückhaltend: „Ich habe die Hauptstadt Kigali und einige touristische Attraktionen während vier Tagen auf Einladung von Visit Rwanda besucht. Ich habe zugesagt, weil ich es unglaublich spannend fand, dass die Weltmeisterschaften zum ersten Mal in Afrika stattfanden“, erklärte er gegenüber dem niederländischen Sender NOS.
Seine Motivation sei vor allem Neugier gewesen: „Wie kann es sein, dass ich ein Land wie Ruanda überhaupt nicht kenne? Alles, was ich bislang wusste, war der schreckliche Völkermord und dass heute eine autoritäre Regierung regiert. Also habe ich die Einladung angenommen.“
Imagepflege
Nach seiner Reise nach Ruanda sah sich Dumoulin deutlicher Kritik ausgesetzt – sowohl von außen als auch aus seinem persönlichen Umfeld. „Einige Journalisten und Menschen in meiner Nähe haben mir scharf vorgeworfen, mich für Sportswashing instrumentalisieren zu lassen.“
Im Rückblick gibt Dumoulin zu, möglicherweise eine zu schnelle Entscheidung getroffen zu haben, ohne die möglichen Folgen ausreichend zu bedenken.
„War ich naiv? Ja, vielleicht. Ich habe mich von meiner Neugier leiten lassen und mich wohl nicht intensiv genug mit den Problemen des Landes auseinandergesetzt. Manchmal trifft man eben eine falsche Wahl.“