Zwei Jahre nach dem tragischen Tod von
Gino Mäder bei der
Tour de Suisse bleibt die Erinnerung an die Zerbrechlichkeit des Straßenradsports präsent. Mäders fataler Sturz bei einer Abfahrt vom Albulapass 2023 hat das Thema Sicherheit im Peloton wieder ins Zentrum gerückt – ein Thema, das seither nicht an Dringlichkeit verloren hat.
In einem Schritt hin zu besseren Schutzmaßnahmen hat der belgische Veranstalter Golazo nun eine vielversprechende Innovation vorgestellt: die sogenannte Safe Cycling Finish Barrier – eine aufblasbare, luftgepolsterte Barriere, die bei Sprintankünften für eine deutlich weichere Landung im Fall eines Sturzes sorgen soll.
„Wir haben diese Safe Cycling Finish Barrier in den letzten Monaten gemeinsam entwickelt“, sagt Christophe Impens von Golazo im Gespräch mit Wielerflits. „Wie der Name schon sagt, soll sie den Zieleinlauf, insbesondere bei Massenankünften, sicherer machen.“
Zwei Jahre später erinnert sich die Radsportwelt an Gino Mader
Was dieses System besonders macht, ist seine Kompaktheit und schnelle Einsatzfähigkeit. Rund 250 Meter der Barriere passen in den Kofferraum eines Autos. Zwei Personen können damit die komplette Zielgerade eines Radrennens absichern – ein logistischer Quantensprung im Vergleich zu herkömmlichen Metallzäunen oder festen Polstern, deren Aufbau zeit- und personalintensiv ist.
Impens macht jedoch keinen Hehl daraus, dass selbst die besten Barrieren nur bedingt vor Verletzungen schützen können: „Natürlich hoffen wir, dass es nie dazu kommt, aber wenn man doch in die Leitplanken fällt, landet man in einer sehr dicken Luftmatratze. Man fällt weicher – aber ein Sturz mit 70 km/h wird nie angenehm sein.“
Die Technologie wurde zu Wochenbeginn in Knokke-Heist und Putte getestet. „Wir haben die Geräte erst am Dienstag vom Zoll abgeholt. Der erste Test verlief sehr gut“, berichtet Impens. Ob das System in der WorldTour zum Standard wird, ist jedoch noch offen. Der Radsport hat in der Vergangenheit oft zögerlich auf neue Sicherheitskonzepte reagiert – trotz wiederkehrender Unfälle mit schwerwiegenden Folgen.
Die Vision von Golazo geht unterdessen weit über die Zielgerade hinaus. Impens spricht von einem modularen Konzept: „Vielleicht ist diese große Luftmatratze der Anfang von vielen weiteren aufblasbaren Entwicklungen, die die Sicherheit der Fahrer erhöhen können. Wir wollen sie auch in gefährlichen Kurven, an Kreuzungen oder Hindernissen einsetzen. Alles, was man braucht, ist ein Generator.“
Gerade auf Hochgeschwindigkeitsabfahrten mit über 80 km/h können kleinste Fehler tödlich enden. Herkömmliche Netze oder Matten bieten dabei nur begrenzten Schutz. Neue Lösungen wie die Golazo-Barriere könnten künftig Leben retten – vorausgesetzt, sie setzen sich durch. Wie so oft im Profiradsport hängt das nicht nur von ihrer Wirksamkeit, sondern auch von Kosten, Sichtbarkeit und öffentlichem Druck ab.
Die Vergangenheit zeigt: Tragödien haben schon mehrfach als Katalysator für Veränderungen gewirkt. Der Tod von Wouter Weylandt 2011 führte zu strengeren Neutralisationsverfahren. Fabio Jakobsens Horrorsturz 2020 brachte ein Umdenken bei Zielabsicherungen. Vielleicht wird das Golazo-System seinen Wert erst unter den denkbar schlimmsten Umständen beweisen müssen – wenn es in einem Rennen tatsächlich zum Einsatz kommt.