Drei Wochen nach seinem historischen Gesamtsieg bei der Vuelta a España 2025 richtet Jonas Vingegaard den Blick auf ein für ihn eher ungewohntes Terrain: das Straßenrennen der Europameisterschaften am 5. Oktober in der französischen Ardèche. Der Däne, der seine Karriere bislang mit Grand-Tour-Erfolgen geprägt hat, sieht die Meisterschaften als neue Herausforderung – und als Möglichkeit, wertvolle Erfahrung bei Eintagesrennen zu sammeln.
Ein anderer Rhythmus als bei den Grand Tours
„Ich hatte immer Probleme mit Eintagesrennen, also ist dies eine neue Art von Test, um zu sehen, ob ich damit umgehen kann“, gab der 28-Jährige auf einer Pressekonferenz zu. Während er sich in dreiwöchigen Rundfahrten längst etabliert hat, scheiterte er zuletzt bei der Clásica San Sebastián 2024 mit einem DNF. „Natürlich ist es kein großes Ziel meiner Saison 2025. Aber irgendwo muss ich ja anfangen – und die Europameisterschaften sind der richtige Ort dafür.“
Das Rennen über 203 Kilometer mit fast 3.500 Höhenmetern bietet eine Strecke, die Vingegaards Fähigkeiten durchaus entgegenkommt. Besonders der „Val d’Enfer“ – 1,6 Kilometer mit fast zehn Prozent Steigung – könnte für Kletterer wie ihn und seinen Rivalen
Tadej Pogacar entscheidend werden.
Pogacar und Evenepoel als Favoriten
„Nach der aktuellen Startliste müssen es Pogacar und Evenepoel sein. Sie sind die größten Favoriten“, sagte Vingegaard. Selbst setzt er weniger auf Eigeninitiative als auf das dänische Kollektiv. „Ich werde mich auf Mads Pedersen und Mattias Skjelmose stützen. Sie sind bei Eintagesrennen sehr stark, und ich kann viel von ihnen lernen.“
Sein Nationaltrainer Michael Mørkøv sieht die Rolle Vingegaards deutlich ambitionierter: „Die Erwartung kann nicht geringer sein, als dass er Europameister wird. Wer zweimal die Tour gewonnen und fast immer auf dem Podium gestanden hat, kann nicht mit weniger als dem Sieg planen.“
Formfrage nach der Vuelta
Eine zentrale Unbekannte bleibt jedoch, wie der Körper des Dänen nach zwei Grand Tours im Jahr reagieren wird. „Ich habe zwei Grand Tours hinter mir, und ich weiß nicht wirklich, wo ich sein werde“, gab Vingegaard zu. „Ich bin in guter Form und versuche, sie zu halten, aber man weiß nie, ob es reicht.“
Mørkøv indes zeigte sich optimistisch: „Ich habe am Tag nach der Vuelta mit ihm gesprochen, und er war voller Vorfreude, für die Nationalmannschaft zu fahren. Das ist ein gutes Zeichen.“
Zwischen Test und Chance
Für Vingegaard sind die Europameisterschaften beides: ein Prüfstein auf unbekanntem Terrain und eine Gelegenheit, sich mit Pogacar und Evenepoel in einem Eintagesrennen auf Augenhöhe zu messen. „Ich trete nicht nur an, um zu fahren. Ich werde alles tun, was ich kann, um ein Spitzenergebnis zu erzielen.“
Damit tauscht der Däne die gleichmäßige Ausdauer einer Grand Tour gegen die explosive Intensität eines Meisterschaftstages – ein Szenario, das die EM in der Ardèche zu einem der spannendsten Rennen der Saison machen dürfte.