Im Radsport entstehen Helden auf unterschiedlichste Weise. Mal begeistert pure Dominanz, mal eiserne Disziplin – oft aber eine ungewöhnliche Mischung aus taktischem Instinkt und Charakterstärke. Wer im Profipeloton bestehen will, zahlt mit Entbehrungen, harter Arbeit und einem feinen Gespür für den richtigen Moment. Genau diese Eigenschaften sieht Sporza-Kommentator José de Cauwer in
Thymen Arensman – einem Fahrer, der ihn während der
Tour de France 2024 besonders faszinierte.
„Ich habe Freude an Pogacar, ich habe Freude an
Mathieu van der Poel – keine Frage. Aber besonders mag ich Fahrer, die es einfach möglich machen. Jemand wie Arensman“, sagte de Cauwer im Podcast De Grote Plaat. „Ich sage das nicht, weil ich in den Niederlanden bin, sondern weil er Chancen erkennt und ergreift.“
Das Rätsel Arensman
Arensman gilt als außergewöhnlicher Fahrertyp. Er bringt alle Voraussetzungen mit, ein Spitzen-Etappenfahrer zu sein, doch ihm fehlt bislang die Konstanz für große Rundfahrtresultate. Wenn er jedoch in Form ist, liefert er auf höchstem Niveau. Bei der Tour of the Alps siegte er mit einem eindrucksvollen Solo im Hochgebirge, beim Giro d’Italia blieb er weitgehend unauffällig – und auch in Frankreich erlebte er eine wechselhafte Tour. Nach einem schwachen Auftakt stieg seine Form ab der zweiten Woche rasant an.
Thymen Arensman überraschte mit dem Sieg auf Etappe 19 der diesjährigen Tour de France
„Seit Jahren hat er eine schwache erste Woche“, analysierte de Cauwer. „Warum? Weiß niemand. Am Ende fährt er wieder stark. Ich wäre zu gern sein Coach. Ich möchte verstehen, was in seinem Kopf passiert.“
Historische Tour für den Niederländer
2024 fand Arensman die Antworten auf viele dieser Fragen auf der Straße. Mit einer veränderten Vorbereitung und einer neuen Lockerheit ging er in die Tour – und plötzlich funktionierte alles. „Er geht mit anderen Erwartungen rein. Und zack, es klappt. Dann traut er sich sogar, Dinge auszuprobieren“, schwärmt de Cauwer.
Arensman gewann Etappe 14 nach Superbagnères aus einer Fluchtgruppe und ließ dabei sogar
Tadej Pogacar und Jonas Vingegaard hinter sich. Eine Woche später setzte er in
La Plagne noch einen drauf: Auf der letzten Bergetappe schlug er die beiden erneut – diesmal im direkten Duell.
„Er fährt vorne mit Pogacar und Vingegaard und entscheidet sich einfach, wegzufahren. Ohne Angst, ohne Zweifel. Er macht es einfach. Das berührt mich wirklich“, sagt de Cauwer. Es war der Moment, in dem Arensman seine ganze mentale Stärke zeigte – und bewies, dass Mut und Überzeugung manchmal mehr wiegen als jede Wattzahl.