Zwei Etappen vor dem Ziel in Nizza steht fest: Diese
Tour de France war spektakulär – und
Tadej Pogacar hat das Rennen über weite Strecken dominiert. Doch die letzten Tage zeigten, dass auch der Slowene körperlich und mental an seine Grenzen stößt. Teamchef
Mauro Gianetti sprach nach der 19. Etappe über den Zustand seines Fahrers, das Duell mit
Visma - Lease a Bike und die Kritik an seinem Team.
Etappensieg verpasst – aber das Ziel rückt näher
"Wir sagen uns, dass wir immer noch in der Nähe von Paris sind – und das ist eine gute Sache", sagte Gianetti im Ziel gegenüber
Cyclism'Actu. Pogacar versuchte, die Etappe nach La Plagne zu gewinnen, war aber im Finale auf sich allein gestellt. Auch Vingegaard hatte keine Helfer mehr. Beide reagierten aufeinander, ohne selbst entscheidend zu attackieren – am Ende siegte Thymen Arensman.
"Ich glaube, Tadej dachte, er würde früh genug angreifen, um Arensman zu fangen und den Sprint zu gewinnen – und Jonas dachte dasselbe", so Gianetti. „Aber keiner hat wirklich attackiert. Arensman hat verdient gewonnen.“ Dennoch sei man zufrieden: Pogacar überstand die letzte Bergetappe mit über vier Minuten Vorsprung im Gelben Trikot.
"Er hatte diese Energie – wie Federer"
Für Gianetti ist Pogacar weit mehr als ein Ausnahmetalent. Er vergleicht das erste Treffen mit ihm mit einem besonderen Moment aus seiner Vergangenheit: "Als ich Tadej traf, hatte ich das gleiche Gefühl wie damals bei Roger Federer, als er 18 war. Ich rief meine Frau an und sagte: Ich habe jemanden getroffen, der im Sport etwas Außergewöhnliches werden kann."
Diese Intuition habe sich bestätigt: „Ich war überwältigt von seiner Persönlichkeit, seiner Energie, seiner Ruhe. Da wusste ich: Dieser Junge wird uns überraschen.“
Kritik an angeblicher Arroganz: "Unbegründet"
UAE Team Emirates - XRG hat im Verlauf der Tour oft das Rennen kontrolliert, Ausreißer gestellt und Pogacar in Szene gesetzt. Von einigen Beobachtern wurde das als überheblich gewertet. Gianetti widerspricht deutlich: „Ich glaube nicht, dass wir je arrogant waren. Wir fahren fair, wir respektieren alle. Es ist ein Wettkampf – natürlich wollen wir gewinnen.“
Er spricht von einer „großartigen Geschichte“ zwischen UAE, Visma und anderen Top-Teams wie
Red Bull - BORA - hansgrohe: „Diese Rivalität motiviert uns alle, den Sport auf ein neues Level zu heben.“
Doping-Schatten und das Image des Radsports
Auch mit seiner eigenen Vergangenheit wurde Gianetti konfrontiert – und mit der Frage, ob Pogacars Leistungen Anlass für Skepsis geben. Seine Antwort ist diplomatisch: „Der Radsport hat eine schwierige Geschichte, das ist bekannt. Aber die heutige Generation hat enorme Fortschritte gemacht – sei es in der Trainingsmethodik, Ernährung oder Transparenz.“
Und dennoch spürt er eine gewisse Ungerechtigkeit: „In anderen Sportarten feiern wir Ausnahmekönner – im Radsport tun wir uns schwer. Dabei haben auch wir große Champions. Tadej ist einer von ihnen.“