Endlich ist es so weit: In Lille steigt morgen der Start zur
Tour de France 2025. Ein Jahr nach dem Auftakt in Florenz versammelt sich das Fahrerfeld im Norden Frankreichs – bereit für drei Wochen Drama, Taktik und Triumph. Die Spannung steigt stündlich.
Im heutigen Countdown blicken wir zurück auf einen der bedeutendsten Momente der jüngeren Tour-Geschichte: die 11. Etappe der Tour de France 2022. Dort zerlegte Jonas Vingegaard gemeinsam mit Team Jumbo-Visma den bis dahin unantastbaren
Tadej Pogacar am Col du Granon – ein Tag, der eine neue Ära im Radsport einläutete.
Der Tag, an dem Pogacar fiel
Bis zu jenem Tag im Juli 2022 wirkte Tadej Pogacar beinahe unbesiegbar. Der Slowene hatte die Tour 2020 auf spektakuläre Weise gewonnen und 2021 souverän verteidigt. Auch 2022 dominierte er die erste Woche, gewann Etappen, trug Gelb, lächelte in die Kameras – als wäre es ein Spiel.
Doch im Schatten seiner Dominanz lauerte ein Rivale: Jonas Vingegaard. Der Däne hatte sich bereits 2021 ins Rampenlicht gefahren, als er nach dem Ausfall von Teamkollege Primoz Roglic einsprang und auf dem Mont Ventoux sogar Pogacar distanzierte. „An diesem Tag habe ich gemerkt, dass mich niemand mehr einfach abhängen kann“, sagte Vingegaard später.
Mit dieser Überzeugung ging er in die Tour 2022 – und Jumbo-Visma kam mit einem klaren Ziel: Pogacar stürzen.
Col du Granon: Der Wendepunkt
Die 11. Etappe hatte es in sich: 151,7 Kilometer durch die Alpen, über den Télégraphe, den Galibier – und schließlich hinauf zum Col du Granon auf 2.412 Metern. Jumbo-Visma setzte alles auf eine Karte. Schon 90 Kilometer vor dem Ziel begann das Duell. Roglic und Vingegaard attackierten abwechselnd, setzten Pogacar und sein Team unter Dauerstress.
Zunächst hielt Pogacar stand, konterte jeden Angriff und zeigte sogar ein Grinsen in die Kamera – ein Zeichen seiner inneren Ruhe. Doch am letzten Anstieg zum Granon kippte das Rennen.
Fünf Kilometer vor dem Ziel griff Vingegaard an – und Pogacar konnte nicht folgen. Innerhalb von Sekunden wich das Lächeln aus seinem Gesicht. Er öffnete das Trikot, rang nach Luft, verlor Tritt für Tritt an Boden. Einer nach dem anderen zogen Konkurrenten vorbei: Thomas, Gaudu, Bardet, Quintana. Pogacar war am Limit – und Vingegaard enteilt.
Der Däne gewann die Etappe, übernahm das Gelbe Trikot und verwandelte einen Rückstand von 39 Sekunden in einen Vorsprung von über zwei Minuten. Jumbo-Visma hatte ein taktisches Meisterwerk abgeliefert. Vingegaard lobte später den mutigen Plan: „Primoz hat dafür alles gegeben. Ohne ihn wäre das nicht möglich gewesen.“
Die Geburt einer Rivalität
Die 11. Etappe der Tour 2022 war mehr als nur ein sportlicher Coup. Sie war die Geburtsstunde einer Rivalität, die den Radsport seither prägt. Vingegaard fuhr den Vorsprung souverän nach Paris und holte sich seinen ersten Gesamtsieg, während Pogacar geschlagen, aber nicht gebrochen blieb. „Es ist noch nicht vorbei. Ich werde kämpfen“, sagte er trotzig.
Und er tat es. 2023 war die Revanche zum Greifen nah. Pogacar kam stark zurück, gewann Etappen, setzte Vingegaard unter Druck – bis dieser im Zeitfahren ein Statement setzte und erneut siegte. Wieder Platz zwei für Pogacar, wieder Gold für Vingegaard.
2024 dann der Umschwung: Pogacar dominierte, gewann sechs Etappen und sicherte sich nach einem frühen Sturz von Vingegaard seinen dritten Tour-Sieg. Der Gleichstand war hergestellt – 2:2 im Duell der Giganten.
2025: Die Entscheidung?
Jetzt schreiben wir das Jahr 2025. Beide Kontrahenten sind bereit für den nächsten Schlagabtausch – mit zwei der stärksten Teams, die je zur Tour geschickt wurden. Pogacar hat mit Adam Yates, Almeida und Wellens starke Helfer. Vingegaard setzt auf Wout van Aert, Sepp Kuss, Jorgenson und Simon Yates.
Natürlich gibt es auch andere Namen: Remco Evenepoel, Primoz Roglic oder Carlos Rodríguez könnten sich ins Geschehen einmischen. Doch am Ende schaut die ganze Radsportwelt wieder auf die beiden Protagonisten dieser Epoche: Vingegaard gegen Pogacar.
Noch klingt das Echo des Col du Granon nach – der Moment, in dem der scheinbar Unbesiegbare fiel und ein neues Kapitel aufschlug. Ein Kapitel, das morgen weitergeschrieben wird.