Vier Jahrzehnte lang war Daniel Mangeas die unverwechselbare Stimme der
Tour de France. Von 1974 bis 2014 begleitete der ehemalige Bäcker Millionen von Zuschauern durch das größte Radrennen der Welt. Seine warme, leidenschaftliche Art am Mikrofon machte ihn zu einer Institution des Radsports. Anfang 2025 jedoch wurde es still um ihn: Ein Schlaganfall raubte ihm die Fähigkeit, flüssig zu sprechen – eine existenzielle Krise für einen Mann, dessen Leben stets mit Worten gefüllt war.
Der Kampf um jedes Wort
In einem Gespräch mit Cyclism'Actu schildert Mangeas offen die schweren Monate nach dem Schlaganfall. Er spricht von einer Zeit, in der er keine zusammenhängenden Sätze mehr bilden konnte, und von dem tiefen Wunsch, wieder zu seinen Freunden in der Radsportfamilie zurückzukehren. „Ich sage mir heute, dass das Leben schön ist, weil ich schwierige Zeiten durchgemacht habe, Zeiten des Zweifels. Ich konnte mich nicht ausdrücken, es war unmöglich, ein Wort vor das andere zu setzen. Aber ich wollte meine Freunde und die ganze Radsportfamilie wiedersehen. Ich habe mir gesagt: Ich werde es schaffen.“
Hoffnung im Reha-Alltag
Seine Rehabilitation absolvierte Mangeas im Le Normandy in Granville, einer Einrichtung, in der sich einst auch Schauspiellegende Jean-Paul Belmondo behandeln ließ. Schritt für Schritt erkämpfte er sich die Sprache zurück, jedes neu gefundene Wort war für ihn ein kleiner Sieg. „Es hat sich noch nicht zu 100 Prozent entwickelt“, sagt er, „aber der Wunsch, es zu erreichen, treibt mich jeden Tag an.“
Die Rückkehr an den Straßenrand
Entschlossen, wieder Teil der Radsportwelt zu sein, besuchte Mangeas das Critérium de Lisieux. Dort spürte er, dass seine Sprachflüssigkeit noch nicht wieder wie früher war, doch viele Automatismen kehrten zurück. Die Begegnungen mit den Fahrern gaben ihm neue Kraft. Paul Lapeira überreichte ihm das Trikot des französischen Meisters, Kévin Vauquelin sprach ihm Mut zu. Für Mangeas waren das Zeichen, dass er auf dem richtigen Weg ist.
Geduld als neue Stärke
Der Schlaganfall hat ihn gelehrt, das Leben mit mehr Ruhe zu nehmen. „Ich habe erkannt, dass das Leben lebenswert ist, und werde die Dinge Schritt für Schritt angehen“, sagt er. Die jahrzehntelange Tätigkeit am Mikrofon hat ihn untrennbar mit dem Radsport verbunden, und die Welle an Unterstützung nach seiner Erkrankung sieht er als Ausdruck dieser besonderen Bindung.
Freude über einen historischen Sieg
Sportlich brachte ihm der Sommer eine weitere Glücksmeldung: Bei der Tour de France Femmes sorgte Pauline Ferrand-Prévot für den ersten französischen Gesamtsieg, ob bei Männern oder Frauen, seit 1989. Mangeas kennt sie seit ihrer Jugend und erinnert sich gut an ihren Ehrgeiz. „Sie ist Olympiasiegerin, mehrfache Weltmeisterin, und für mich absolut phänomenal“, sagt er voller Bewunderung.
Ein persönliches Etappenrennen
Noch ist Mangeas’ Weg zurück nicht abgeschlossen. Doch mit jedem Gespräch, jedem Eventbesuch und jedem neu gefundenen Wort rückt er näher an die Rolle heran, die ihn berühmt machte: als leidenschaftlicher Erzähler des Radsports. Wie ein Fahrer im Peloton arbeitet er nun an seinem ganz persönlichen Etappenrennen – der Rückkehr zu alter Stärke.