„Herzen ja, Körper nein“ – Larry Warbasse über die brutale Realität der WM in Ruanda

Radsport
Donnerstag, 02 Oktober 2025 um 9:00
warbasse
Die UCI-Straßenweltmeisterschaft in Kigali, Ruanda, werden aus vielen Gründen in Erinnerung bleiben – vor allem wegen des dominanten Sieges von Tadej Pogačar und weil sie die ersten Weltmeisterschaften auf afrikanischem Boden waren.
Auch für Larry Warbasse, den 35-jährigen Ex-US-Meister und Routinier mit über einem Jahrzehnt im Profi-Peloton, war die Woche unvergesslich. Zwar konnte er das Rennen nicht beenden, doch beschreibt er die Tage in Ruanda als eine der außergewöhnlichsten und eindrucksvollsten Erfahrungen seiner Karriere.
„Es gab einen riesigen Hype um die diesjährigen UCI-Straßenweltmeisterschaft in Kigali, die zum ersten Mal auf afrikanischem Boden stattfanden“, erinnert sich Warbasse im Gespräch mit Cyclingnews. „Seit der Ankündigung vor einigen Jahren war die Stimmung eine Mischung aus Aufregung und Nervosität.“

Anpassung an neue Herausforderungen

Als Larry Warbasse einige Tage vor dem Rennen in Kigali ankam, versuchte er zunächst, sich auf die ungewohnten Bedingungen einzustellen. „Da Kigali auf rund 1500 Metern Höhe liegt, waren wir uns ziemlich sicher, dass die Höhe einen gewissen Einfluss haben würde“, erklärte er. „Aber worauf wir nicht vorbereitet waren, war die Luftqualität, die im Vergleich zu dem, was die meisten von uns gewohnt sind, deutlich schlechter war.“
Trotz der Herausforderungen bleibt dem Amerikaner vor allem die besondere Stimmung am Streckenrand in Erinnerung. „Manchmal hörte man während der Fahrt den Jubel der Kinder, die sich in den Wäldern oberhalb der Straße versteckten. Leider hatten wir nicht viel dabei, was wir ihnen hätten geben können. Fast alle von uns gaben schon früh im Rennen eine Flasche ab und mussten dann unsere zweite mehrmals nachfüllen, weil uns sonst die Flüssigkeit fehlte.“

Ein strafender Kurs

Als das Rennen begann, wurde schnell deutlich, wie brutal die Strecke war. „Schon als wir sie in den Tagen zuvor besichtigten, wussten wir, dass es absurd hart werden würde“, erinnerte sich Warbasse. „Die Kopfsteinpflaster-Passagen waren alles andere als ein Spaß… und mit der Zahl der Anstiege war uns klar, dass es ein wahres Blutbad geben würde.“
Warbasses Rolle war es, seine Teamkollegen Quinn Simmons und Kevin Vermaerke zu unterstützen – doch die Intensität ließ kaum Spielraum. „Vom Startschuss an war es gnadenlos. Jeder, mit dem ich sprach, fühlte sich, als würde er sterben“, so der Amerikaner. „Wie erwartet haben Tadej und die anderen Favoriten vorne brutal beschleunigt und sind einfach davongezogen. Das war das letzte Mal, dass ich die Spitze des Rennens gesehen habe.“
Trotz des harten Verlaufs zog er ein positives Fazit zur Teamleistung: „Ich bin stolz darauf, wie wir unseren Plan umgesetzt haben und wie engagiert jeder Einzelne war. Auch wenn am Ende kein Resultat dabei herauskam, waren wir in allen entscheidenden Momenten präsent. Aber im Gegensatz zu Christina Aguilera sagten unsere Herzen "Ja" – nur unsere Körper sagten "Nein.“
Remco Evenepoel Tadej Pogacar Ben Healy
Tadej Pogacar, Remco Evenepoel und Ben Healy auf dem Podium

Jenseits des Rennens

Doch die Reise endete für Larry Warbasse nicht an der Ziellinie. „Zu meiner Überraschung bekamen wir beim Teamessen nach dem Rennen eine Nachricht vom Staff, ob jemand Lust hätte, am nächsten Tag auf Safari zu gehen“, erzählt er. „Am nächsten Morgen starteten wir um fünf Uhr vom Hotel aus Richtung Akagera-Nationalpark. Und als wir schließlich im Park ankamen, sahen wir alles – Nashörner, Zebras, Giraffen, Elefanten. Es war ein unglaubliches Erlebnis.“
Für Warbasse war dieser Ausflug mehr als nur eine Ablenkung vom harten Rennalltag – er erinnerte ihn daran, warum er überhaupt Radfahrer geworden ist. „Einer der Gründe, warum ich als Kind so gern Rad gefahren bin, war das Gefühl von Freiheit. Für mich war das Fahrrad immer ein Abenteuer, ein Schlüssel zu Orten, die ich sonst nie gesehen hätte.“
Zum Abschluss zog er sein persönliches Fazit der WM-Woche: „Dort Rennen zu fahren, war eine Erfahrung, die ich so schnell nicht vergessen werde. Auch wenn ich ohne ein Ergebnis neben meinem Namen aus Kigali abreise, gehe ich nicht mit leeren Händen. Es war eine reiche Erfahrung – ein Abenteuer voller Erinnerungen, die ich ein Leben lang behalten werde.“
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