Ein Blick auf das
UCI-Ranking genügt, um zu erkennen, dass der französische Radsport derzeit eine schwierige Phase durchläuft. Decathlon AG2R konnte nicht an die starke Saison 2024 anknüpfen, Cofidis ist akut abstiegsgefährdet und Arkéa - B&B Hotels hat die Hoffnung praktisch schon aufgegeben. Und der bestplatzierte französische Fahrer? Romain Grégoire auf Rang 42.
"Seit Jahresbeginn habe ich den Eindruck, dass der französische Radsport etwas im Rückwärtsgang ist. Und die Zahlen bestätigen das auch“, sagt der ehemalige französische Nationaltrainer und heutige Experte
Cyrille Guimard im Interview mit Cyclism’Actu. "Die verschiedenen UCI-Ranglisten – ob individuell oder mannschaftlich – zeigen, dass man sich derzeit wirklich Sorgen um die Entwicklung des französischen Radsports und vor allem um die Präsenz der Franzosen machen muss.“
"Wenn wir genau hinschauen, laufen wir Gefahr, dass wir nächste Saison nur noch zwei Teams in der WorldTour haben – nämlich Decathlon und Groupama. Cofidis ist bedroht, sie haben nur noch 250 Punkte Vorsprung auf Astana und ungefähr genauso viel auf Picnic PostNL. Ich weiß nicht, ob Cofidis in der WorldTour bleiben kann. Alle Pfeile zeigen nach unten, keiner nach oben.“
Die Lage ist ziemlich ernst, zumal sowohl Picnic PostNL als auch XDS Astana aller Voraussicht nach nach dem Giro d’Italia an den Franzosen vorbeiziehen werden. Angesichts der Probleme bei Cofidis und Arkéa kann sich Guimard die Frage nicht verkneifen, ob diese Teams überhaupt jemals in die WorldTour gehört haben.
"Sind sie als WorldTeams überhaupt an ihrem Platz? Das ist die Frage, die man sich stellen muss. Heute ganz klar: nein – selbst wenn es bei Cofidis einen kleinen Aufschwung gibt. Der hängt vor allem mit ihrem belgischen Sprinter zusammen (Milan Fretin, Anm. d. Red.), der eine maximale Punkteausbeute erzielt hat und sie damit in der Gruppe der 18 Teams gehalten hat. Aber wird Fretin das Team im Alleingang retten? Ich glaube nicht.“
Ein zentrales Problem der französischen Teams liegt laut Guimard im eigenen Land: In Frankreich müssen die Teams für jeden Fahrer zusätzliche Abgaben leisten, was es unmöglich macht, auf dem Transfermarkt mit anderen Teams mit ähnlichem Budget mitzuhalten – geschweige denn mit Superteams wie UAE, die über nahezu unbegrenzte Mittel verfügen. Gibt es für Guimard eine Lösung?
"Ja, kein Problem“, sagt er. „Entweder gehen wir in ein Land, in dem die Kosten niedriger sind, was es uns erlaubt, mit dem gleichen Budget Fahrer eines anderen Kalibers zu holen – oder wir lockern ganz einfach den Geldbeutel und fragen uns: Was brauchen wir, um in die Top fünf oder sogar die Top drei zu kommen? Wir brauchen 40, 45, 50 Millionen. Entweder wir investieren das – oder eben nicht. Aber wenn wir oben mitspielen wollen, dann gibt es nicht 50 Lösungen“, schließt er.