"Es tut weh, wenn man so jemanden verliert" - Soudal - Quick-Step-Scout gibt Einblicke in gescheiterten Top-Talent-Transfer

Radsport
durch Nic Gayer
Mittwoch, 12 März 2025 um 12:00
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Johan Molly, der Top-Scout von Soudal - Quick-Step, hat sich den Ruf erworben, einige der größten Talente des Radsports zu entdecken. Er spielte eine entscheidende Rolle bei der Verpflichtung von Julian Alaphilippe und Paul Magnier für das Team. Doch in einer kürzlich ausgestrahlten Folge von De Koffiestop, erzählte er von einem Fahrer, der ihm entkommen ist: Antoine Salamin, ein 17-jähriger Schweizer, der jetzt zum Visma-Entwicklungsteam gehört.

Molly hat aus erster Hand erfahren, wie sich die Landschaft der Talentsuche verändert hat, da junge Fahrer immer früher von Managementagenturen angesprochen werden, ähnlich wie im Fußball. Der Kampf um die besten jungen Radsportler war noch nie so umkämpft wie heute, und Molly gibt zu, dass Agenten und finanzielle Versprechungen seine Arbeit sehr erschwert haben.

"Es waren noch nie so viele Scouts von Managementagenturen auf der Rennbahn. Es gibt Jungs von 16 Jahren, die schon einen Manager haben. Die machen sie dann verrückt, indem sie sagen, dass sie schon als Junior 200.000 Euro durch sie verdienen können. Und damit muss ich als Scout konkurrieren", erklärte er Sporza am Ende des Jahres 2024.

Der Wettbewerb um Salamin war besonders intensiv. Molly wurde zum ersten Mal von Laurent Dufaux auf das junge Schweizer Talent aufmerksam gemacht, dem ehemaligen Dauphine-Sieger, der heute ein Schweizer Entwicklungsteam leitet, in dem auch Salamins Bruder fährt. Dufauxs Beschreibung des Youngsters erregte sofort Mollys Aufmerksamkeit.

"Letztes Jahr hatte ich einen besonderen Fall. Ich bekam einen Tipp von Laurent Dufaux aus der Schweiz", erinnert sich Molly. "Er schickte mir: 'Wir haben den neuen Fabian Cancellara'. Ich bekam die Telefonnummer und rief seinen Vater an, und dann hieß es: Können wir nächste Woche noch einmal mit einem Teammanager sprechen? Ein weiterer Videoanruf."

Von diesem Moment an wurde das, was ein einfacher Einstellungsprozess hätte sein sollen, zu einem erschöpfenden Prozess, der mit zahlreichen Gesprächsrunden verbunden war.

"Ich hatte fünf Videogespräche geführt und nicht mit dem Fahrer selbst gesprochen. Dann fragten sie, ob sie mir eine E-Mail mit ein paar Fragen schicken könnten. Fragen wie: Wie werden Sie das Juniorteam leiten? Was werden Sie mit dem Budget machen, und wie hoch ist das Budget? Das war wie eine Prüfung für mich."

Trotz der bürokratischen Hürden lernte Molly schließlich Salamin persönlich kennen.

"Vater und Sohn fuhren anderthalb Stunden lang mit dem Wohnmobil von Frankreich über die Grenze. Er fing an, über einen Vertrag zu sprechen, aber ich konnte ihn ihm nicht geben. Es gab sieben andere WorldTour-Teams, die ihn haben wollten."

An diesem Punkt wurde die Realität des modernen Talentscoutings deutlich. Selbst für ein Team wie Soudal - Quick-Step, das einige der größten Stars des Radsports hervorgebracht hat und derzeit von Remco Evenepoel angeführt wird, gibt es keine Garantien, wenn es um die Sicherung junger Talente geht.

Mollys Verfolgung von Salamin fand ein abruptes und frustrierendes Ende, als er auf dem Rückweg von der Schweiz einen Umweg machen musste.

"Als ich die Schweiz verließ, rief ein Teammanager des Baby-Giro an und sagte, dass der Mont-Blanc-Tunnel geschlossen sei. Ich war nur ein paar Kilometer entfernt, musste aber einen kompletten Umweg fahren."

Als sich die Situation beruhigte, hatte sich Salamin bereits an Visma gebunden.

"Das Ergebnis war, dass ich zwei Wochen später die Nachricht erhielt, dass er nicht zu uns, sondern zu Visma gehen würde. Beim Chrono des Nations habe ich ihn als sechzehnjährigen Jungen gesehen, der auf einem normalen Fahrrad einen Schnitt von 46 Stundenkilometern fuhr. Es tut weh, wenn man jemanden wie ihn verliert."

Mollys Enttäuschung ist verständlich. Salamin ist eindeutig ein Fahrer mit einem immensen Potenzial, und zu sehen, wie er sich unter den Bedingungen eines konkurrierenden Teams entwickelt, ist eine schwer zu schluckende Pille. Das ist jedoch die Natur der modernen Talentsuche, einer Welt, in der sich junge Fahrer zunehmend ihres Wertes bewusst sind und in der Teams härter denn je kämpfen müssen, um den nächsten großen Star zu gewinnen.

Für Soudal - Quick-Step bedeutet das Verpassen eines talentierten Fahrers keine Katastrophe, aber es zeigt, wie hart der Kampf um junge Talente geworden ist. Mit Agenten, großen Verträgen und konkurrierenden Interessen, die die Zukunft junger Radsportler prägen, können sich die Teams nicht mehr nur auf ihre Geschichte und ihren Ruf verlassen, sondern müssen sich ständig an die sich verändernde Landschaft der Fahrerrekrutierung anpassen.

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