Remco Evenepoel zeigte sich bei den belgischen Meisterschaften am Sonntag in glänzender Form, doch am Ende fehlten ihm die entscheidenden Streckenabschnitte, um seine Überlegenheit in einen Sieg umzuwandeln. In einem taktisch geprägten Rennen konnte der Olympiasieger zwar immer wieder Akzente setzen, musste sich nach einem starken Solo von
Tim Wellens jedoch mit Silber zufriedengeben.
„Wenn man den ganzen Tag mit solchen Beinen unterwegs ist, ist man der große Favorit – und dann liegt es auch an einem selbst, das Rennen zu kontrollieren“, sagte Sportdirektor
Wilfried Peeters gegenüber
Sporza. „Remco war sehr stark und wollte so früh wie möglich alleine losziehen. Das wussten natürlich alle. Er hat die Konkurrenz in die Zange genommen, aber Wellens war ebenfalls sehr gut und hat im entscheidenden Moment angegriffen.“
"Er hat seine Mitstreiter zermürbt"
Ursprünglich hatte das Team
Soudal - Quick-Step auf einen Massensprint mit Tim Merlier gesetzt, doch Evenepoels ausgezeichnete Tagesform und das aggressive Fahrverhalten vieler Teams eröffneten ihm die Möglichkeit, erneut den Landesmeistertitel anzuvisieren. Er war Teil einer starken Ausreißergruppe, doch die Konkurrenten fokussierten sich fast ausschließlich auf ihn. Evenepoel ließ dabei keinen Zweifel an seiner Verfassung.
„Er war sehr stark und hat seine Mitstreiter förmlich zermürbt. In solchen Situationen wollen die anderen dann nicht mehr mit dir zusammenarbeiten – das ist die Last des Favoriten“, so Peeters. „Natürlich ist das nicht schön, aber so funktioniert dieser Sport. Oben in der Gruppe fiel Teamkollege Ilan Van Wilder früh zurück, und Remco versuchte es mit seiner bekannten Taktik: Attackieren, bis niemand mehr folgen kann. Fast niemand konnte – außer Wellens.“
Evenepoel konnte sich am Ende noch mit Jasper Philipsen aus der Verfolgergruppe lösen, doch der Fahrer des UAE Team Emirates - XRG präsentierte sich ebenfalls in Topform. An Wellens kamen sie nicht mehr heran. Der Belgier feierte nach einem 42 Kilometer langen Solo den bislang größten Erfolg seiner Saison – nur wenige Tage vor dem Start der Tour de France.
Auch Sven Nys lobte die Leistung der beiden Hauptakteure: „Wellens ist 42 Kilometer alleine gefahren – dann bist du der stärkste Fahrer im Rennen. Remco hatte zwar schon viel investiert, aber Tim hat jede Attacke mitgehen müssen. Es war ein bisschen wie die Chronik eines angekündigten Ausgangs. Die Gruppe fing an, taktisch gegen Evenepoel zu fahren.“
„Früher oder später geht dann einer, und Remco muss die Lücke schließen. Er hat es versucht, aber Philipsen war auch stark. Vielleicht hing er anfangs noch ein wenig am Limit. Remco hat dann mit 90 Prozent gejagt – und davon hat Wellens ebenfalls profitiert. Aber er hat es sich auch selbst verdient. Wellens ist ein verdienter Sieger.“