Vor wenigen Wochen sprach
Tadej Pogacar offen über den psychischen Druck, den der ständige Zwang zu Top-Leistungen bei jedem Rennen mit sich bringt. Möglicherweise war genau das ein Grund für seine Entscheidung, die Vuelta komplett auszulassen und sich einen Monat Pause zu gönnen. Nun trifft er in Kanada unter anderem auf
Wout van Aert.
„Es war für alle ein Schock“,
sagt Van Aert im Gespräch mit Sporza, rund sechs Wochen nach Pogacars Ankündigung. „Ja, Burnout kann auch mir passieren.“
Dass die mentale Belastung im Profiradsport enorm ist, bestätigte auch Pogacar selbst: „Wir trainieren extrem viel. Manche Fahrer sind regelrecht besessen davon, immer mehr zu machen und besser zu werden. Man steckt in diesem Kreislauf fest, sehnt sich nach Urlaub im Oktober – und fängt im Dezember wieder von vorne an.“
Van Aert kann diese Worte nachvollziehen: „Ich verstehe, was Pogacar meint. Ein Radsportler zu sein bedeutet, ständig mit Erwartungen konfrontiert zu werden. Es ist sehr schwer, immer abliefern zu müssen.“ Beide Profis starten in dieser Woche beim GP Québec und beim GP Montréal.
Für Van Aert steckt darin auch eine wichtige Botschaft: „Man sollte nicht unterschätzen, wie belastend es ist, wenn jeder erwartet, dass man gewinnt – egal, bei welchem Rennen.“
Der Belgier erinnert sich gut an die Zeit, als er selbst unter permanentem Erfolgsdruck stand: Er sollte im Frühjahr Klassikersiege holen, bei der Tour de France Etappen gewinnen und gleichzeitig die Rolle als Aushängeschild seines Teams Visma neben Primoz Roglic und später Jonas Vingegaard ausfüllen. „Diese Position ist nicht für jeden gemacht“, sagt Van Aert rückblickend.
Heute empfindet er die Lage entspannter. Auch durch Rückschläge und dank seines Dauerrivalen Mathieu van der Poel hat sich die Erwartungshaltung verändert. „Ich stehe nicht mehr so im Fokus wie früher. Aber wie habe ich das damals geschafft? Ich habe mich auf das konzentriert, was ich wirklich will. Man darf sich von außen nichts einreden lassen. Externe Erwartungen sind keine gute Motivation – deshalb versuche ich, mich davon fernzuhalten.“
Soziale Medien einschränken
Die Gewinnerin der Tour de France Femmes,
Pauline Ferrand-Prevot, riet kürzlich dazu, soziale Medien möglichst zu meiden – zu groß sei dort oft die toxische Stimmung.
„Das kann tatsächlich ein guter Rat sein“, meint auch ihre belgische Teamkollegin. „Andererseits kann man soziale Medien auch positiv nutzen – wenn man nicht gezielt nach negativen Reaktionen sucht. Nach meinem Sieg in Paris habe ich es sehr genossen, mir Videos und Fotos von Fans anzusehen, die ich am Montmartre getroffen habe. Ich habe wahrscheinlich einen halben Tag damit verbracht. Es ist also nicht alles schlecht“, sagt Van Aert zum Abschluss.