Der Giro d’Italia 2025 mag mit dem Sieg von
Simon Yates geendet haben, doch für viele Beobachter war
Wout van Aert die prägende Figur dieses Rennens. Während Yates in Rom das Rosa Trikot entgegennahm, wurde van Aerts taktische Raffinesse und sein selbstloser Einsatz auf der vorletzten Etappe von Kollegen und Experten gleichermaßen hervorgehoben.
Auf der legendären 20. Etappe wartete der belgische Allrounder am Gipfel des Colle delle Finestre auf seinen Teamkollegen und Gesamtführenden Yates. Gemeinsam fuhren sie die technisch anspruchsvolle Abfahrt hinunter – ein entscheidender Moment auf dem Weg zum Gesamtsieg. Van Aert opferte dabei seine eigenen Chancen und bewies einmal mehr seine Klasse als Helfer in den wichtigsten Augenblicken einer Grand Tour.
Schon zuvor hatte der Visma-Star auf der 9. Etappe ein Ausrufezeichen gesetzt: Mit einem beeindruckenden Solosieg dominierte er die Schotterstraßen rund um Siena und zeigte, dass er nach einem schwierigen Frühjahr rechtzeitig zur Hochform zurückgefunden hat.
Taco van der Hoorn brachte im Gespräch mit In de Leiderstrui die Bewunderung des Pelotons auf den Punkt:
„Was er am Samstag gemacht hat, macht ein Fahrer seines Formats vielleicht einmal in seiner Karriere – und er zeigt solche Dinge immer wieder. Das ist nicht neu, aber jedes Mal aufs Neue beeindruckend. Jeder weiß, wie stark er ist. Das war so, das ist so und das bleibt so.“
Van der Hoorn nutzte die Gelegenheit auch, um Kritik aus der Vergangenheit zu relativieren:
„Van Aert wurde in schwächeren Phasen von der Presse hart angegangen. Jetzt sieht man wieder, was für einen Unterschied er macht. Diese Anerkennung wird ihm manchmal zu schnell entzogen.“
Auch Dylan van Baarle, van Aerts Teamkollege bei Visma - Lease a Bike, zeigte sich begeistert:
„Es gibt kaum Fahrer wie ihn. Er unterstützt den Anführer in den entscheidenden Momenten, gewinnt selbst Etappen und ist im Sprint konkurrenzfähig. Für uns im Team ist er unbezahlbar.“
Besonders beeindruckt zeigte sich auch Daan Hoole von Lidl-Trek, der selbst beim Giro eine Etappe gewann. Der Niederländer lobte van Aerts physische Stärke in den Bergen:
„Mit seiner Größe und seinem Gewicht so über die Anstiege zu kommen – das erfordert gewaltige Leistung. Nach einer so langen Etappe noch so etwas zu leisten, ist einfach absurd stark. Er verbraucht viel mehr Energie, weil er mehr Watt treten muss. Dass er trotzdem so performt, ist unglaublich.“
Hoole sprach zudem über den enormen Energiebedarf in der Schlusswoche des Giros:
„Ich habe an den letzten Tagen nie unter 6.500 Kalorien gegessen. Das sind richtige Hammertage. Du musst essen, so viel du kannst. Ich bin wahrscheinlich der schwerste Fahrer dieses Giros – für mich ging es nur ums Überleben. Aber wenn man sieht, was Wout leistet, ist das einfach beeindruckend.“
Wout van Aert hat in diesem Giro nicht das Rosa Trikot getragen – doch er war einer der größten Gewinner der Herzen. Sein Einsatz für das Team, seine Vielseitigkeit und seine Bereitschaft, sich in den Dienst anderer zu stellen, machten ihn zu einer der Schlüsselfiguren dieser Rundfahrt.