Remco Evenepoel und
Tadej Pogacar galten als die überragenden Stars der
Weltmeisterschaft in Kigali. Beide wurden sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen als Hauptfavoriten gehandelt. Doch im ersten direkten Duell kam es zum sportlichen Erdbeben: Pogacar wurde von Evenepoel deklassiert.
Der niederländische Journalist
Thijs Zonneveld nahm im In de Waaier-Podcast kein Blatt vor den Mund. „Was für eine enttäuschende Teilnehmerliste. Das Zeitfahren war teilweise sinnlos. Eine Stunde lang dachte ich: Was habe ich da eigentlich gesehen?“ Doch schnell richtete sich sein Fokus auf den „Elefanten im Raum“ – die dominante Vorstellung von Evenepoel. „Heilige Scheiße, er war so gut. Das muss weh getan haben. Evenepoel startete wie eine Rakete. Man denkt: Wenn er das Tempo hält, kommt er Pogacar gefährlich nah. Aber dass Pogacar von einem Fahrer eingeholt wird, der zweieinhalb Minuten nach ihm gestartet ist…“
Für Zonneveld war die Szene historisch. „So etwas hat man im Radsport noch nie gesehen. Die perfekte Fahrt von Evenepoel und ein schwacher Tag von Pogacar führten zu diesem Überholmanöver. Wie oft hat man Pogacar schon so geschlagen? Das ist ein so großer Schlag, eine so große Demütigung, dass es ikonisch ist.“
Eine einfache Erklärung liegt für Zonneveld auf der Hand. „Pogacar fuhr das ganze Jahr von einem Höhepunkt zum nächsten. Die Klassiker, die Tour – überall top. Aber irgendwann geht die Luft aus. Evenepoel dagegen hatte Probleme im Frühjahr, stieg bei der Tour aus und kommt jetzt in Topform. Sein Höhepunkt liegt später in der Saison.“
Dass Pogacar nicht plötzlich schwach geworden ist, bewies er beim GP de Montréal, wo er stark auftrat und Teamkollege Brandon McNulty zum Sieg führte. Doch vielleicht habe ihm die ideale Vorbereitung auf die WM gefehlt. „Ohne Höhenlager, dazu die Reisen – das macht viel aus. Zwei Rennen in Kanada bedeuten auch doppelten Jetlag. Ich frage mich, ob das wirklich die beste Vorbereitung war.“
Für das Straßenrennen am Sonntag rechnet Zonneveld trotzdem mit einer anderen Version des Slowenen. „Ich denke, er wird körperlich besser drauf sein. Klar, der fehlende Zeitfahrblock hat eine Rolle gespielt. Aber selbst in Topform hätte er gegen diesen Evenepoel kaum gewinnen können.“
Dennoch bleibt Pogacar gefährlich. „Er ist nicht in absoluter Bestform, das konnte man auch in Kanada sehen. Aber er ist immer noch Pogacar. Er kann das Rennen jederzeit alleine entscheiden und sich in den letzten Runden absetzen. Doch unantastbar ist er diesmal nicht.“