Die Rufe nach strengeren Sicherheitsstandards im Profiradsport sind in dieser Woche erneut lauter geworden. Auslöser war eine Forderung des ehemaligen Profis Stef Clement, wonach Nachwuchsfahrer vor dem Schritt ins Peloton einen grundlegenden Fähigkeitsnachweis erbringen sollten.
In von Wielerflits gesammelten Zitaten aus der TV-Talkshow De Laatste Etappe im Rahmen der Wielergala in Utrecht lieferte Clement eine schonungslose Analyse des aktuellen Systems – und erklärte, warum es seiner Ansicht nach den Anforderungen des modernen Radsports nicht mehr gerecht wird.
Er eröffnete die Debatte mit einer selbstironischen Rückschau auf seinen eigenen Ruf als Fahrer:
„Man sagte mir oft, ich könne mein Rad nicht richtig beherrschen. Und rückblickend hatten sie vermutlich recht.“
Gleichzeitig machte Clement deutlich, dass das Problem weit über Einzelfälle hinausgehe:
„Es gibt keinerlei Form von Kompetenztest, den man bestehen muss, bevor man Profi werden darf.“
Aus seiner Sicht sei der Weg an die Spitze zu stark auf physiologische Kennzahlen fokussiert, während reale Fahrfertigkeiten vernachlässigt würden.
„Man muss auf dem Ergometer nur beweisen, dass der Motor stimmt, und wird dann einfach losgelassen. Das ist, als dürfte man in der Formel 1 antreten, nur mit einem Traktorführerschein – und hofft auf das Beste. Ein grundlegender Nachweis von Fahrkompetenz, also Basis-Fahrradbeherrschung, könnte tatsächlich helfen.“
Warum Clement das System für fehlerhaft hält
Moderator Sander Kleikers konfrontierte Clement mit dem Beispiel
Jay Vine, dessen Weg in die WorldTour über das virtuelle Talenteprogramm der Zwift Academy führte. Clements Antwort fiel direkt aus:
„Nun, ich denke, wir hätten viele Stürze verhindern können. Für ihn wäre es besser gewesen, zunächst einen kleinen Crash-Kurs zu absolvieren.“
Dabei gehe es ihm ausdrücklich nicht darum, einzelne Fahrer herauszugreifen oder zu kritisieren, betonte Clement, sondern darum, eine strukturelle Lücke im System offenzulegen. Athleten könnten mit enormem körperlichem Potenzial in den Profisport gelangen, verfügten jedoch oft über wenig Erfahrung im Hochgeschwindigkeits-Peloton – ein Missverhältnis, das seiner Ansicht nach nicht länger dem Zufall überlassen werden sollte.
Jay Vines Sturzhistorie dient als Beispiel, um Clements Argument zu unterstreichen
Eine Debatte, die nicht abebben dürfte
Clements Vorschlag eines formalen Kompetenztests – gewissermaßen eines Mindeststandards in der Radbeherrschung für alle Neuprofis – fügt der wachsenden Debatte um Fahrersicherheit eine weitere wichtige Dimension hinzu. Angesichts anhaltender Diskussionen über hohe Abfahrtsgeschwindigkeiten, Massenstürze und den zunehmenden Anteil sehr junger Fahrer in der WorldTour finden Ideen, die einst als radikal galten, mittlerweile deutlich mehr Gehör.
Ob Peloton, Teams oder der Weltverband UCI formalisierte Fertigkeitstests tatsächlich akzeptieren werden, bleibt abzuwarten. Clements Aussagen spiegeln jedoch einen grundlegenderen Wandel wider: die wachsende Erkenntnis, dass rohe Wattwerte allein nicht mehr ausreichen – und dass der moderne Profiradsport neu definieren muss, was es bedeutet, wirklich „bereit“ für das höchste Niveau zu sein.