DISKUSSION Tour de France Etappe 11 | Hat das Peloton richtig gehandelt, als es auf Pogacar gewartet hat?

Radsport
Mittwoch, 16 Juli 2025 um 21:30
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Nach dem ersten Ruhetag der Woche stand für das Peloton eine knifflige Etappe im Süden Frankreichs auf dem Programm – ein Vorgeschmack auf das, was uns morgen in den Pyrenäen erwartet.
Wie schon in der ersten Woche setzte sich der Trend eines extrem hohen Anfangstempos fort. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich eine Ausreißergruppe bildete, bestehend aus Jonas Abrahamsen, Mauro Schmid, Fred Wright, Davide Ballerini und Mathieu Burgaudeau.
Kurz darauf formierte sich eine Verfolgergruppe mit einigen der aktuell stärksten Klassiker-Spezialisten wie Mathieu van der Poel, Wout van Aert, Quinn Simmons, Arnaud de Lie und Axel Laurance.
Am letzten Anstieg des Tages zerfiel die Spitzengruppe, nachdem Abrahamsen attackierte – Schmid blieb ihm jedoch dicht auf den Fersen. In der Verfolgergruppe versuchte Van der Poel ebenfalls eine Attacke, konnte das Führungsduo jedoch nicht mehr einholen. Jonas Abrahamsen gewann den Sprint und bescherte Uno-X den ersten Etappensieg bei der Tour de France überhaupt.
Auch im Hauptfeld war einiges los. Team Visma | Lease a Bike versuchte erneut, das Rennen zu sprengen – diesmal attackierte Jonas Vingegaard persönlich. Der dramatischste Moment der Etappe war jedoch Tadej Pogacars Sturz vier Kilometer vor dem Ziel. Der Zwischenfall blieb offenbar ohne größere Folgen, und der Slowene verlor keine Zeit auf seine direkten Konkurrenten im Gesamtklassement.
Nach dem Etappenende baten wir einige unserer Redakteur/innen, ihre Gedanken und wichtigsten Erkenntnisse zum heutigen Tag zu teilen.

Rúben Silva (CyclingUpToDate)

Meisterhafter Renntag – Höchsttempo von Anfang bis Ende, mit einigen der besten Klassiker-Spezialisten und Rouleuren im Kampf um den Etappensieg, während gleichzeitig ein unvorhersehbarer und spannender GC-Kampf tobte. Man konnte sich kaum mehr von einer Tour-Etappe wünschen – ein absolut würdiger Tag, und gerade weil es vermeintlich ein „leichter“ war, könnte die daraus resultierende Müdigkeit die nächsten Etappen noch spannender machen.
Etappensieg: Jonas Abrahamsen hat genau das gemacht, was er am besten kann – stundenlang am Limit fahren. Seine Ausdauer ist außergewöhnlich, und obwohl er weder der stärkste Kletterer noch der schnellste Sprinter war, war er der kompletteste Fahrer an einem Tag ohne jede Ruhephase. Mauro Schmid fuhr auf absolutem Topniveau, aber im Sprint reichte es am Ende doch nicht ganz.
Wout van Aert hat unglaublich viel investiert, um die Gruppe zu formen und Visma vorne zu positionieren – umso beeindruckender, dass er am Ende noch Kraft hatte, um um den Etappensieg mitzukämpfen. Das Duell mit van der Poel war einmal mehr sehenswert. Die Gruppe mit Arnaud De Lie, Axel Laurance und Quinn Simmons war schlichtweg atemberaubend – fünf der aktuell stärksten Klassiker-Fahrer in einer Verfolgergruppe.
Gesamtwertung: Vingegaards frühe Attacke war ein Beispiel dafür, wie Visma das Rennen angeht – sie suchen jede Gelegenheit, Pogacar zu überraschen, und versuchen, mithilfe der Teamstärke den Unterschied zu machen. Es hat zwar nicht geklappt, aber der Angriff war gut gesetzt, zumal van Aert vorne war, um Vingegaard zu unterstützen.
Pogacar wurde tatsächlich überrascht – was verwunderlich ist, da er die Gefahr kennt, wenn Visma Fahrer vorne platziert. Doch er konnte die Lücke wieder schließen. Für mich war das der Schlüsselmoment des Tages.
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Am letzten Anstieg versuchte es Vingegaard erneut – diesmal clever über die Kuppe, nicht mitten im Anstieg. Vielleicht hat Visma endlich verstanden, dass die gefährlichsten Momente die unübersichtlichen sind. Dann Pogacars Sturz – vermutlich ohne große Folgen, aber er sorgte für ein antiklimatisches Finale, da alle GC-Aktionen sofort gestoppt wurden.
Morgen geht’s zum ersten Mal in die Hochgebirge – das erste Mal seit Wochen, dass die Fahrer lange, harte Anstiege bewältigen müssen, und das bei großer Hitze. Es könnte ein Tag der großen Abstände und der Explosionen werden.

Félix Serna (CyclingUpToDate)

Ich weiß nicht, wie die Tour de France am Ende ausgehen wird, aber eines ist für mich klar: Selbst wenn Tadej Pogačar das Rennen zum vierten Mal in seiner Karriere gewinnt, kann man Team Visma kaum etwas vorwerfen. Sie haben seit dem ersten Tag versucht, ihn zu überraschen – selbst an Tagen, an denen man das nicht unbedingt erwarten würde, wie heute.
Ich glaube nicht, dass Pogačar heute mit so einem Angriff gerechnet hat. Er wurde von Vingegaards Attacke auf dem falschen Fuß erwischt, konnte die Lücke aber sehr schnell wieder schließen. Es war eines der ersten Male, dass der Däne selbst aktiv gegen Pogačar angegriffen hat – taktisch also eine sehr interessante Aktion.
Der Sturz sollte keinen großen Einfluss auf das Rennen haben. Pogačar sah nach dem Ziel nicht stark verletzt aus, offenbar hat er nur Abschürfungen und ein paar Hautstellen verloren. Entscheidend wird sein, wie er sich bis morgen erholt – denn der Anstieg nach Hautacam ist äußerst fordernd.
Es wurde viel darüber diskutiert, ob das Peloton richtig gehandelt hat, als es nach Pogačars Sturz gewartet hat. Einige meinen, bei João Almeida oder Enric Mas habe auch niemand gewartet. Aber ich finde das nicht so dramatisch.
Die Rennsituation war diesmal einfach eine andere. Das Tempo war zum Zeitpunkt des Sturzes nicht maximal hoch, also überrascht es nicht, dass gewartet wurde. Pogačar ist ein hoch angesehener Fahrer im Feld – und ehrlich gesagt wäre er vermutlich auch der Erste, der dasselbe tun würde, wenn so etwas Vingegaard passieren würde.
Jonas Abrahamsens Etappensieg für Uno-X war absolut verdient. Vor nur vier Wochen hat er sich in Belgien das Schlüsselbein gebrochen – und nun gewinnt er eine Etappe bei der Tour de France. Das ist eine dieser Geschichten über Durchhaltevermögen und das Überwinden von Rückschlägen, die den Radsport so besonders machen.
Mathieu van der Poel hat erneut eine Lehrstunde abgeliefert. Aber es scheint fast, als wäre die Tour nicht ganz sein Rennen. Wieder kam er dem Etappensieg nahe – wie vor ein paar Tagen, als ihn das Peloton erst 500 Meter vor dem Ziel einholte.
Wout van Aert hat bestätigt, dass er wieder in guter Form ist. Vielleicht nicht in seiner allerbesten, aber dennoch stark genug. Es bleibt spannend, wie Visma ihn in den kommenden Bergetappen einsetzen wird.
Und Sie? Was denken Sie über die heutigen Geschehnisse? Hinterlassen Sie einen Kommentar und beteiligen Sie sich an der Diskussion!
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