Johan Bruyneel schont den Radsport-Weltverband UCI erneut nicht. Nach der Suspendierung des Spaniers
Oier Lazkano wegen auffälliger Werte im biologischen Pass wirft der Belgier dem Verband vor, Fahrer mit unterschiedlichem Maß zu bewerten – abhängig von Name und Reputation. Im Podcast The Move äußert der frühere Sportdirektor deutliche Zweifel an der Fairness der Verfahren.
„Ich kenne Lazkano nicht persönlich und verteidige ihn nicht. Ich bin ein Befürworter des Blutpasses – seit seiner Einführung 2008 hat sich im Radsport viel verändert. Aber er bleibt keine Schwarz-Weiß-Methode, sondern eine Experteninterpretation“, erklärt Bruyneel. Seine Worte treffen einen wunden Punkt: die Grauzonen zwischen Analyse und Urteil.
UCI unter Druck nach Lazkano-Fall
Der Fall Lazkano hat die Szene erschüttert. Ein Fahrer, der sich in den vergangenen Jahren sportlich stark entwickelt hatte, steht nach vier auffälligen Tests ohne positiven Substanzbefund plötzlich am Abgrund. Zwischen 2022 und 2024 zeigten seine biologischen Werte Unregelmäßigkeiten, die zu einer vorläufigen Suspendierung führten. Lazkano konnte die Abweichungen offenbar nicht erklären – und wurde kurz darauf von Red Bull – BORA – hansgrohe entlassen.
Der Zeitpunkt fällt auffällig zusammen mit polizeilichen Ermittlungen: Die Behörden beschlagnahmten sein Telefon, seinen Laptop und persönliche Daten. Für Bruyneel ein weiterer Beweis, dass Transparenz und Gleichbehandlung im Anti-Doping-System fehlen. „Ich bin überrascht, dass dieser biologische Pass nie einen großen Fisch fängt. Es geht nur um Vetternwirtschaft. Die UCI nimmt sich die leichte Beute“, sagt er und ergänzt: „Der Blutpass ist wertvoll, aber er sollte ein Werkzeug sein, um Betrüger zu identifizieren – nicht ein Richterurteil ohne Schuldspruch.“
Bevorzugte Stars und doppelte Standards
Doch Bruyneel sieht ein tieferes Problem. Während einige Profis bei ähnlichen Fällen ungeschoren davonkommen, trifft es andere mit voller Wucht. Als Beispiel nennt er
Chris Froome, dessen überhöhte Salbutamol-Werte 2017 als Folge einer Asthma-Verschlechterung gewertet wurden – ein Fall, der keine Sanktionen nach sich zog.
„Seine Erklärung war akzeptiert, ebenso wie die der UCI-Vizepräsidentin Katerina Nash, die positiv auf Capromorelin getestet wurde“, so Bruyneel. „Aber der Belgier Toon Aerts wurde für zwei Jahre gesperrt. Das ist Doppelmoral.“
Ein Vorwurf, der die Diskussion um den biologischen Pass – und die Glaubwürdigkeit der UCI – neu entflammt.
Froome wurde 2017 positiv auf Salbutamol getestet, aber deswegen nicht suspendiert. @Imago