„Der Giro war viel besser als die Tour“ – Moreno Moser kritisiert fehlende Spannung bei der Tour de France 2025

Radsport
Donnerstag, 31 Juli 2025 um 20:00
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Zwei der drei großen Rundfahrten des Jahres 2025 sind Geschichte: Bei der Tour de France dominierte erneut Tadej Pogacar und sicherte sich vor Jonas Vingegaard das Maillot Jaune. Beim Giro d’Italia zuvor hatte Simon Yates Isaac del Toro am finalen Anstieg noch das Maglia Rosa entrissen. Für den ehemaligen Profi Moreno Moser ist der Vergleich eindeutig – der Giro war deutlich unterhaltsamer als die Tour.

„Dominanz hat die Spannung getötet“

„Ich habe in der ersten Woche gesagt: Lasst uns diese Etappen genießen, denn sie werden am Ende die besten sein – und genau so kam es“, erklärt Moser im Gespräch mit Bici.Pro. „Die Dominanz hat jede Spannung im Kampf um Gelb erstickt. Es fühlte sich an wie eine Serie mit einzelnen brillanten Episoden, aber ohne durchgehende Handlung – fast wie The Big Bang Theory.“
Moser sieht zwar viele spektakuläre Tagesabschnitte, aber keine echte Gesamtstory: „Bis Carcassonne war es spannend, auch der letzte Tag in Paris hatte Action. Doch die Tour wirkte wie eine Reihe von Miniklassikern. Die Gesamtwertung hätte man fast weglassen können – es hätte kaum einen Unterschied gemacht.“

Giro bot echten Kampf um den Gesamtsieg

Anders beim Giro d’Italia: Ohne Pogacar und Vingegaard entwickelte sich ein offenes Duell zwischen Yates, Del Toro und Richard Carapaz bis nach Rom. „Ich habe den Giro viel mehr genossen, weil bei einer Grand Tour der Kampf um den Gesamtsieg im Mittelpunkt stehen muss“, sagt Moser. „Bei einem dreiwöchigen Rennen will ich echte Konkurrenz um Rosa oder Gelb sehen – deshalb war der Giro für mich klar besser.“
Er selbst habe die Tour als eine der schwächsten der letzten Jahre bezeichnet – und dafür überwiegend Zustimmung erhalten. „Etwa 80 Prozent der Reaktionen stimmten mir zu“, so der Italiener. „Natürlich gab es auch Gegenstimmen. Aber ich habe nie gesagt, dass Radsport schlecht ist – nur, dass diese Tour nicht meins war. So wie man sagen kann, dass der neue Nolan-Film schwächer ist als der letzte, ohne Kino zu hassen.“

„Pogacar ist einfach zu stark“

Die fehlende Spannung führt Moser vor allem auf Pogacars Überlegenheit zurück. „Ich habe viele Etappen als Tagesrennen genossen, aber darüber hinaus war nicht viel Spannung. Das ist nicht die Schuld von Pogacar oder seinen Verfolgern. Visma | Lease a Bike wurde dafür zu Unrecht kritisiert.“
Moser verteidigt die Taktik von Jonas Vingegaards Team: „Sie haben alles versucht, ihn zu zermürben – und dabei selbst enorm gelitten. Am Mont Ventoux sagte ich: ‚Für mich war Visma heute der Sieger.‘ Ihr Plan ging auf, nur Pogacar hatte keinen schwachen Moment. Stattdessen gewann er sogar noch Zeit. Dafür dann Beleidigungen zu kassieren, ist unfair.“

Vingegaard schloss die Lücke

Für Moser ist dennoch eine Entwicklung sichtbar: „Pogacar fuhr am Mont Ventoux zwar die schnellste Zeit, doch er klebte am Hinterrad von Vingegaard und ließ ihn die Arbeit machen. Wenn Pogacar eine Woche zuvor noch zwei Minuten schneller war und ihn nun nicht mehr abschütteln konnte, hat sich etwas verändert. Entweder Vingegaard ist besser geworden – oder Pogacar etwas schwächer.“

„Mit Pogacar sind wir besser dran“

Trotz Kritik glaubt Moser nicht an schnelle Veränderungen: „Solange Pogacar bei der Tour startet, wird es schwer, ein anderes Rennen zu sehen. Er ist aktuell besser als alle anderen – zumindest meistens, wie auch bei den Klassikern. Eine solche Dominanz allein gab es in der jüngeren Geschichte kaum.“
Dennoch warnt er vor überstürzten Schlüssen: „Wir befinden uns in einer instabilen Ära. Nach Pogacar könnte sich alles verschieben. Deshalb ist es riskant, jetzt weitreichende Änderungen zu fordern. Aber eins ist sicher: Wir sind besser dran mit einem Pogacar, auch wenn diese Tour wenig Spannung bot.“
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